In dem Roman „Die einzige Geschichte“ von Julian Barnes steht wie in früheren Romanen das Thema Erinnerung hinter der Erzählung: Erinnerung als psychischer Prozess, dem wir nicht trauen können. Erinnerung verändert, verklärt, verdrängt Erlebnisse. Je älter wir werden, desto stärker verdichten sich Erinnerungen, je nach dem, welche Bedeutung und welche Auswirkungen die jeweiligen Ereignisse im […]
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Ian McEwan: „Kindeswohl“
Ein Roman über schwierige Entscheidungen in existenziellen Notlagen. Dem Roman „Kindeswohl“ ist ein Zitat aus dem britischen „Children Act“ von 1989 vorangestellt, in dem es heißt, das Wohl des Kindes müsse dem Gericht als oberste Richtschnur dienen. Fiona Maye ist Richterin am High Court und befindet sich gerade in einer Ehekrise. Ihr Mann möchte von […]
Michael Kleeberg: „Vaterjahre“
Eine minutiöse psychologische Studie in der Form eines kraftvollen Romans. Warum Michael Kleeberg nicht zu den allgemein bekannten und in aller Munde befindlichen Autoren der Gegenwart gehört, ist nach der Lektüre dieses Romans eigentlich unverständlich. Vielleicht ist er kein begnadeter Selbstvermarkter, oder aber die eher unspektakulären Themen seiner Romane geben nicht genug her für den […]
Rafael Chirbes: „Am Ufer“
Spanien in und nach der Krise – eine schonungslose Gesellschaftskritik. In seinem letzten Roman, „Krematorium„, hatte Chirbes die Hybris des Baubooms in Spanien beschrieben: Umweltzerstörung, Gier und Korruption waren Eckpunkte seiner Schilderung des vermeintlich blühenden Spaniens. Als hätte er das Platzen der Blase in der Finanzkrise geahnt, steckte er bereits in diesem Roman den Keim des […]
Charles Frazier: „Ins Dunkel hinein“
Ein Roman über ein Familienschicksal in den USA der sechziger Jahre. Luce, eine junge Frau, lebt seit drei Jahren in einer einsamen Lodge in schöner Landschaft irgendwo in North Carolina, nachdem ihr Dienstherr verstorben ist. Sie vermisst nichts in ihrer Einsamkeit, schon gar nicht die moderne Welt mit ihrem Trubel. Ihre tägliche Realität beschränkt sich […]
Peter May: „Beim Leben deines Bruders“
Ein Roman über die einsamen Inseln im Norden Englands Nordwestlich von Schottland liegt eine Reihe kleinerer Insel, die unter der Sammelbezeichnung „Hebriden“ bekannt sind. Hier herrschen rauhe Wetterbedingungen, und wegen der ständigen Tiefs, die von Island heranziehen, sowie der hohen nördlichen Breite sind die landwirtschaftlichen Erträge mehr als dürftig. Dennoch leben hier Menschen, die ihren […]
Yasmina Reza: „Glücklich die Glücklichen“
Ein sarkastisches Vexierspiel der Beziehungen. Yasmina Reza ist bekannt für ihre messerscharf analysierenden Beziehungskomödien, die – wie etwa „Der Gott des Gemetzels“ – bisweilen bis an den Rand der Tragödie gehen. Weniger bekannt ist den meisten Theaterbesuchern jedoch ihr Prosa-Werk, das ähnliche Züge aufweist wie die Theaterstücke. Die schonungslose Entlarvung menschlicher Beziehungsprobleme und Schwächen steht […]
David Foster Wallace: „Der bleiche König“
Ein metaphorische Überhöhung des Steuersystems. Zweifellos gibt es eine Fülle von trockener Fachliteratur über die internationalen Steuersysteme, vor allem das US-amerikanische. Doch bisher hat noch kein Schriftsteller dieses Thema in den Mittelpunkt eines Romans gestellt. David Foster Wallace, der früh verglühte Stern am Himmel der amerikanischen Literatur des ausgehenden 20. Jahrunderts, hat gerade dieses scheinbar staubtrockene Thema […]
Clemens Meyer: „Im Stein“ – Die im Dunkeln, die sieht man nicht
Bestimmte Lebensbereiche der menschlichen Gesellschaft werden üblicherweise in dafür typischen literarischen Genres abgehandelt. Für Geheimdienst und Militär gibt es den Thriller, für Politik das Sachbuch (oder auch den Thriller), für das Innenleben den psychologischen Befindlichkeitsroman und für die romantische Liebe den Liebesroman. Das älteste Gewerbe der Welt, die Prostitution, mag in all diesen Genres vorkommen, […]
Haruki Murakami: „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“
Ein surrealistischer Roman über Liebe und Freundschaft Tsukuru Tazaki, neunzehn Jahre alt und im zweiten Jahr an der Universität in Tokio, denkt an nichts anderes als an den Tod. Er balanciert an der Schwelle zwischen Leben und Untergang. Dennoch schafft er es, am Leben zu bleiben. Sein Tagesablauf bleibt geregelt. Er fühlt sich jedoch […]