Dass Macht und Bedeutung auf Dauer auch die ausgeglichenste Psyche beschädigen, weiß man seit der Antike – Cäsar und Cleopatra lassen grüßen. Theresia Walser veranschaulicht diese Deformation in ihrem Einakter „Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel“ anhand dreier herausragender Frauenfiguren des letzten Jahrhunderts, alle drei Ehefrauen mehr als zweifelhafter Herrscher: Imelda Marcos (Philippinen), Leila […]
Archive | Schauspiel
Kohlhaas ist jeder
Im Gegensatz zu so manchem Roman bietet sich Heinrich von Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“ wegen ihrer fokussierten und konsequent auf die Katastrophe zusteuernden Handlung geradezu für eine Bühnenbearbeitung an. Der Weg eines honorigen Weltmannes zum Wüterich ergibt sich nahezu zwangsläufig aus einem schamlosen Betrug sowie der Verschleppung und anschließenden Niederschlagung der berechtigten Klage. Doch erst […]
Comedia dell´arte – pur!
Wer das Theater als bürgerliche Bildungsanstalt oder als Ort moralischer Belehrung und Läuterung betrachtet, wird diese Inszenierung empört verlassen, wer Theater jedoch im Sinne von Werktreue und Authentizität versteht, wird sie als eine Sternstunde der Theaterkunst genießen. Weshalb diese polarisierende Sicht? Die italienische „Commedia dell´arte“ verstand sich zwar als professionelles Theater, das von Berufsschauspielern gespielt […]
Gibt es „nichts Sinnlicheres als Schmerz“? Über die Lust an der Unterwerfung.
Die Herkunft des Wortes Sadismus ist wahrscheinlich bekannter als die seines Gegenparts, des Masochismus. Nimmt ersterer Begriff Bezug auf die (selbst) berichteten Handlungen des französischen Aristokraten Marquis de Sade (1740 – 1814), so spielt letzterer auf den österreichischen Schriftsteller Leopold von Sacher-Masoch (1836-95) an. In seinem Roman „Venus im Pelz“ von 1870 beschreibt Sacher-Masoch die […]
Die Tiere retten die Welt
Michael Endes Kinderbuch „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ ist ein Zwitterwesen aus Kindermärchen und ernsthaften Themen für Erwachsene. Daher bietet es auch eine breite Palette von Möglichkeiten der Präsentation auf der Bühne. Die „Neue Bühne Darmstadt“ hat das Buch jetzt – rechtzeitig vor Weihnachten – als Theaterstück für beide Zielgruppen auf die Bühne gebracht. Der Wissenschaftler Irrwitzer(!) […]
Gut gemeint ist nicht gut gemacht
Im Theater mehren sich die Aktionen gegen Diskriminierung und einseitige Vorverurteilung des Islams. Dem haben sich auch die beiden aus dem alternativen Theatermilieu stammenden Darsteller Markus Schäfer und Markus Wenzel unter dem Logo „Markus&Markus“ angeschlossen. In ihrer Inszenierung „Zwischen den Säulen“ in den Kammerspielen des Staatstheaters Darmstadt unternehmen die beiden eine Reise zum Islam, die […]
Nur wer im Wohlstand lebt, liebt die Metapher
Romanbearbeitungen für die Bühne sind seit Jahren ein durchaus kontrovers diskutiertes Thema. In den meisten Fällen geht es dabei um berühmte Romane wie „Buddenbrooks“ oder „Madame Bovary“, weil man in diesen Fällen aufgrund des – zumindest bei dem typischen Theaterpublikum – hohen Bekanntheitsgrades über mehr Freiheiten bei der Umformung des Stoffes verfügt. Die Leute kennen die […]
Horror der Bigotterie
Man kommt bei diesem Theaterstück nicht darum herum, ihn an der Vorlage – dem gleichnamigen Film von Michael Haneke – zu messen. Das Drehbuch ist sozusagen die einzige literarische Version des Films, und die Theaterversion lehnt sich eng an den Originaltext. Die Ironie dabei liegt in dem Umstand, dass Michael Haneke den Film quasi als […]
Wenn der Sandmann zum Cyborg wird
Freunde romantischer Entgrenzungs- und Gruselgeschichten kennen die stets in einer semitranszendenten Welt angesiedelten Geschichten von E.T.A. Hoffmann (1776-1822). In diesen Erzählungen bricht Hoffmann die rationale Welt der Aufklärung auf und entführt die Leser in eine Welt des Okkulten und Geheimnisvollen, das auch stets mit Grusel und Gesellschaftskritik verbunden ist. Denn letztere konnte er unter dem […]
Hommage an Castorfs Volksbühne (?)
Spätestens seit der Ära „Castorf“ an der Berliner Volksbühne gilt das klassische Theater mit seiner Betonung psychologischer und idealistischer Befindlichkeiten bei der selbst ernannten Avantgarde als Auslaufmodell. Psychologisierung bedeutet für sie bürgerliche Individualisierung, die nur ablenken soll von den Widersprüchen der kapitalistischen Klassengesellschaft und der damit einher gehenden Unterdrückung der arbeitenden Klasse. Schon Brecht hatte […]