Das Staatstheater Darmstadt leidet wie alle Theater unter der Alterung seines Publikums. Film, Fernsehen und vor allem das Internet bilden gerade bei jüngeren Leuten eine immer größere Konkurrenz, und das Theater erscheint bei dieser Zielgruppe zusehends als angestaubt und pseudo-elitär. Deshalb entwickelt auch das Staatstheater Darmstadt verschiedene Aktivitäten, um näher an theaterferne Bevölkerungsschichten, vor allem […]
Archive | Schauspiel
Eine Frankfurter Zeitreise
Gedankenverloren und etwas verdrossen rührte Heinrich Hoffmann in seinem Kaffee. Er saß an einem kühlen Februar-Nachmittag in einem Wirtshaus in der Altstadt nahe dem Frankfurter Römer, die ihm seltsam bekannt vorkam, obwohl er hier seit gut 130 Jahren nicht mehr gewesen war. Ach Gott, wie die Zeit verrann! Warum hatte ihn Petrus auf die Erde […]
Der Taugenichts als Textcollage
Joseph von Eichendorffs „Aus dem Leben eines Taugenichts“ wurde zum letzten Mal vor 22 Jahren im Staatstheater Darmstadt aufgeführt, damals als Einpersonenstück im Intendanzgärtchen und ganz der romantischen Intention verpflichtet. Jetzt hat die Theaterwerkstatt des Theaters, ein Projekt theaterbegeisterter Laien, diese Vorlage wieder aufgenommen und aus einer völlig anderen Perspektive inszeniert. Eichendorffs Novelle spiegelt die […]
Fuge der Ausweglosigkeit
Als Jean-Paul Sartre im Jahr 1944 den Einakter „Huis Clos“ – auf Deutsch „Geschlossene Gesellschaft“ – veröffentlichte, befand sich Frankreich in einer ähnlichen Situation wie seine Protagonisten: eingeschlossen in der „Hölle“ der deutschen Besatzer, die jeden Widerstand mit drakonischen Mitteln bestraften. Insofern war dieses Stück auch eine Anspielung auf die historische Situation, obwohl Sartre damit […]
Mein Name ist Slapstick-Bond
Wer Theater ausschließlich als Bildungsanstalt oder als Diskursplattform für die Menschheitsprobleme betrachtet, ist in diesem Stück definitiv fehl am Platze. Wer aber den Witz – einschließlich allfälliger Kalauer! – und die schräge Idee liebt, der wird bei der Darmstädter Inszenierung von John Buchans und Alfred Hitchcocks Komödie „Die 39 Stufen“ auf seine Kosten kommen. Von […]
Was bewegt Schauspieler(innen)?
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „An der Bar…..“ des Staatstheaters Darmstadt saßen am Mittwoch, dem 15. Januar 2020, die junge Schauspielerin Anabel Möbius aus dem Darmstädter Ensemble sowie das städtische Faktotum Aurora DeMeehl auf den „heißen Stühlen“ der Moderatorin Lina Zehelein in der Bar der Kammerspiele. „Drag Queen“ Aurora DeMeehl Wir bezeichnen Autora DeMeehl hier bewusst […]
Tramperinnen zwischen Traum und Tragik
Amelie und Eva sind gerade in der Prüfungsphase für die Mittlere Reife. Sie haben irgendwie die Nase voll von Schule, und der Selbstmord ihres schwulen Klassenkamerads und Freunds Effe hat sie aus dem Gleichgewicht geworfen. Beide sind Fans der Sängerin Amy Winehouse, und deshalb hat sich Amelie in „Amy“ umbenannt. Spontan beschließen die beiden, Effes […]
Tragödie im altberliner Dialektdschungel
Gerhart Hauptmann ist bekannt als naturalistischer Autor der vorletzten Jahrhundertwende, der in seinen Stücken vor allem die katastrophalen sozialen Verhältnisse und die Empathielosigkeit der Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert kritisierte. Man kann in Zeiten ganz anderer sozialer Verhältnisse durchaus fragen, welchen Zweck die Aufführung eines solchen, am zeitlichen Kontext orientierten Stückes verfolgt, abgesehen vom archivarischen […]
Hüpfburg mit Verfallsdatum
Georg Büchners Komödie „Leonce und Lena“ ist geradezu eine Büchse der Pandora für den unvoreingenommenen Rezipienten. Die nackte Handlung erinnert eher an ein Märchen der Gebrüder Grimm: Prinz und Prinzessin zweier Kleinstaaten sollen sich unbekannterweise aus dynastischen Gründen heiraten, lehnen das aber ab und fliehen jeweils mit Diener bzw. Dienerin Richtung Italien. Natürlich treffen sie […]
Schicksal oder Machtgier – das ist die Frage
Die Premiere von Sophokles´Tragödie „Ödipus, Tyrann“ in Darmstadt fügte sich wie bestellt in die weltpolitischen Zeitläufte. geht es darin doch um einen Herrscher, der wegen des öffentlichen Drucks um seine Macht fürchten muss und geradezu aggressiv um seine Macht kämpft. Doch im Gegensatz zur aktuellen Parallelen hat bei Sophokles der Herrscher unschuldig – weil unwissend […]