Im Titel der Kammeroper „Pnima … ins Innere“ der Israelin Chaya Czernowin ergänzen die deutschen Worte das israelische, indem sie es übersetzen. In diesem Sinne ist der Titel selbstreferentiell und verweist damit subtil auf den Inhalt der Oper, denn hier beschäftigt sich eine jüdische Komponistin intensiv mit den – man könnte sagen tausendjährigen – Traumata […]
Archive | Theater
„Eiskalte“ Mord(s)geschichten
Die in der freien Darmstädter Theaterszene seit Jahrzehnten etablierte Arheilger „Neue Bühne Darmstadt“ hat neben den üblichen Theaterstücken mit der Vorlesung von Kurzgeschichten ein neues Format eingeführt. Die erste Folge präsentierte am 21. Januar unter dem Titel „Eiskalt“ eine Reihe grotesker bis unheimlicher Geschichten verschiedener Autoren, gelesen von „Urgestein“ Rainer Poser und Anna Baum. Nachdem […]
Die Emanzipation frisst ihre Kinder
Henrik Ibsens „Hedda Gabler“ erfreut sich – im Gegensatz zu anderen „Klassikern“ – einer ungebrochenen Nachfrage des Theaters. Das liegt offensichtlich daran, dass dieses Stück weitgehend als die Emanzipationsgeschichte einer Frau in einer männlichen Gesellschaft gedeutet wird. Dabei wird seltsamerweise immer wieder geflissentlich übersehen, dass Ibsens Stück den Männern – von Richter Brack einmal abgesehen […]
Temporeiche Collage der Angst
Irmgard Keun emigrierte 1936 aus politischen Gründen nach Ostende und verfasste dort den Roman „Nach Mitternacht“, in dem sie das angstbesetzte Leben im nationalsozialistischen Deutschland Mitte der dreißiger Jahre aus eigener Anschauung am Beispiel der jungen Sanna schildert. Wolfgang Vogler mit Ensemble Sanna ist in einem Dorf an der Mosel aufgewachsen und nach dem Tod […]
Vorweihnachtlicher Liebesmusiktrank
Die eingängigen Melodien und die schlichte Handlung von Donizettis Oper „Der Liebestrank“ bieten sich immer wieder für eine Inszenierung in Zeiten dringend benötigter Unterhaltung an. Das war in der letzten Darmstädter Inszenierung von 2013 zwar nicht der Fall, aber umso mehr in der Vorweihnachtszeit von 2023, da rings um Europa Kriege toben. Die Handlung lässt […]
Multimediale Polit-Parodie
Die neue Produktion des Hessischen Staatsballett, vorgestellt unter dem Titel „gerade NOW“ als Premiere des Staatstheaters Darmstadt, folgt nicht den typischen Mustern des Tanztheaters. Im Gegensatz zu Schauspiel und Oper verzichtet das Tanztheater üblicherweise auf gesprochene – oder auch gesungene – Texte. Die gesamte Ausdruckskraft der künstlerischen Darstellung ist auf die Körpersprache konzentriert, von spontanen […]
Theater im Theater
Das heutige Theater liebt die Einbettung klassischer Theaterstücke in weitergehende Rahmenhandlungen, siehe „Wilhelm Tell„. Doch der Film hat das schon viel früher getan, zum Beispiel mit der Komödie „Shakespeare in Love“ aus dem Jahr 1998. Die hatte sich Shakespeares Zeit und vor allem dessen Stück „Romeo und Julia“ vorgenommen und dabei in vergnüglicher Selbstreferenzialität des […]
Eine raffinierte Renovierung
Als Friedrich Schiller in den Jahren 1803 und 1804 das Drama „Wilhelm Tell“ verfasste, herrschte in Europa Napoleon Bonaparte, und die unterworfenen Länder sannen verzweifelt auf eine befreiende Tat. So lässt sich dieses Stück durchaus als plakatives Revolutionsstück deuten, dass die Rollen von vornherein eindeutig festlegt. Landvogt Gessler stellt als Vertreter der verhassten Fremdherrschaft von […]
Groteske mit Blut
Zwar sind Bühnenversionen bekannter Romane seit einiger Zeit bei deutschen Theatern „en vogue“ – warum auch immer -, doch wenn es um einen Schauerroman des 19. Jahrhunderts ohne erkennbaren Aktualitätsbezug oder gar gesellschaftspolitische Erkenntnisse geht, stellt sich doch die Frage nach dem Sinn einer solchen Inszenierung. Man kann es metaphorisch inszenieren, indem man deutliche Bezüge […]
Das Groteske der Romantik
E.T.A. Hoffmann war ein Multitalent der Romantik und hat in seiner Novelle „Der Sandmann“ die Grenzen zwischen Fantasie und Realität verschwimmen lassen. Der französische Komponist Jacques Offenbach hat aus diesem Stoff seine nie vollendete Oper „Hoffmanns Erzählungen“ geschaffen, die den Künstler Hoffmann – ohne expliziten Bezug auf den realen „E.T.A.“ – in den Mittelpunkt stellt. […]