Gerhart Hauptmann ist bekannt als naturalistischer Autor der vorletzten Jahrhundertwende, der in seinen Stücken vor allem die katastrophalen sozialen Verhältnisse und die Empathielosigkeit der Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert kritisierte. Man kann in Zeiten ganz anderer sozialer Verhältnisse durchaus fragen, welchen Zweck die Aufführung eines solchen, am zeitlichen Kontext orientierten Stückes verfolgt, abgesehen vom archivarischen […]
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Blutsauger auf dem Karolinenplatz
Aus dem Hessischen Landesmuseum am Karolinenplatz in Darmstadt haben sich anscheinend mumifizierte Fledermäuse auf okkulten Wegen ein neues Leben erschlichen und sich auf dem Platz vor dem Museum in einem großen Zelt zu zombiehaften Untaten zusammengerottet. Dort gastiert das Varieté „Da Capo“, und dessen Programmteam ist ganz offensichtlich zum Opfer der blutsaugerischen Bisse der Fledermäuse […]
Getanztes Märchen mit viel Witz
Peter Tschaikowskys Ballett „Der Nussknacker“ ist der Theater-Klassiker für die ganze Familie zur Vorweihnachtszeit. Das liegt nicht zuletzt an der Geschichte, die um die Weihnachtszeit spielt. Diese Tatsache birgt die latente Gefahr, vor allem in einer textlastigen Inszenierung, daraus ein gefühliges wenn nicht gar kitschiges Weihnachtsmärchen zu machen, das saisonbedingte emotionale Rührseligkeit bestätigt. Aurélie Patriarca […]
Armin Nassehi: „Muster“
Seit etwa zwei Dekaden, mit dem endgültigen Durchbruch des Internets als weltweites Kommunikations- und Bezugssystem, wächst die Literatur zum Thema Digitalisierung. Wurden Computer in der Literatur, speziell der soziologischen und politischen, bis dahin entweder als geheimnisvolle, im besten Sinne ergebnisoffene Technik oder als nebulöse zukünftige Bedrohung im Sinne der Science Fiction behandelt, kam mit dem […]
Tamino und Pamina für Kinder
Das Staatstheater Darmstadt lässt sich viel einfallen, um die Jugend, speziell Kinder, in das Theater zu locken. Das ist auch dringend nötig, wenn man sich die demographische Struktur des Publikums speziell bei Oper, Sinfonie- und Kammerkonzert anschaut. Und weil in der Oper am meisten „los ist“, hat man sich jetzt dazu entschieden, eine vollständige Oper […]
Hüpfburg mit Verfallsdatum
Georg Büchners Komödie „Leonce und Lena“ ist geradezu eine Büchse der Pandora für den unvoreingenommenen Rezipienten. Die nackte Handlung erinnert eher an ein Märchen der Gebrüder Grimm: Prinz und Prinzessin zweier Kleinstaaten sollen sich unbekannterweise aus dynastischen Gründen heiraten, lehnen das aber ab und fliehen jeweils mit Diener bzw. Dienerin Richtung Italien. Natürlich treffen sie […]
Musik zum November
Der Monat November ist vor allem in Deutschland mit einer Fülle von kontrastreichen Daten versehen, von der Komik des 11.11. über die changierende Bedeutung des 9.11. bis hin zu den unspezifischen, aber ernsthaften Trauertagen: Volkstrauertag und Totensonntag. Da überlegt man sich als musikalisches Ensemble schon, was man dem Publikum in einem Kammerkonzert präsentiert. Das Signum-Quartett […]
Die Entstehung einer Künstler-Ikone
Bei dem Namen „Van Gogh“ denkt der kunsthistorisch normal gebildete Bürger an Sonnenblumen, an bunte Boote am Badestrand und an wildbewegte Landschaften im gleißenden Sonnenlicht. Nur wenige Maler, selbst die Impressionisten nicht, haben einen derart unverwechselbaren und eindringlichen Malstil entwickelt wie er, und ein typisches Beispiel ist der oft gehörte und fast schon spontane Kommentar […]
Fidelio als Fanal der Freiheit
Beethovens Oper „Fidelio“ fiel bei der Uraufführung im November 1805 (noch unter dem Titel „Leonore“) durch, da das Publikum überwiegend aus Offizieren der gerade siegreich in Wien eingerückten napoleonischen Truppen bestand, die den Kampf um Freiheit von Unterdrückung natürlich nicht goutierten. Das änderte sich dann 1814 nach Napoleons Niederlage bei Leipzig bei der Premiere der […]
Schicksal oder Machtgier – das ist die Frage
Die Premiere von Sophokles´Tragödie „Ödipus, Tyrann“ in Darmstadt fügte sich wie bestellt in die weltpolitischen Zeitläufte. geht es darin doch um einen Herrscher, der wegen des öffentlichen Drucks um seine Macht fürchten muss und geradezu aggressiv um seine Macht kämpft. Doch im Gegensatz zur aktuellen Parallelen hat bei Sophokles der Herrscher unschuldig – weil unwissend […]