Eigentlich sollte an diesem Abend Hélène Grimaud Mozarts Klavierkonzert Nr. 20 (d-Moll) im Kurhaus Wiesbaden interpretieren. Doch Corona annullierte diese Planung durch eine Reisesperre. Glücklicherweise erklärte sich kurzfristig der Kanadier Jan Lisiecki bereit, einzuspringen, allerdings nur mit Beethovens 3. Klavierkonzert, das zwar auch in Moll steht, aber einen Ton tiefer als das Mozartsche Pendant. Letztlich […]
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„Music is back“
Der Kanadier Chilly Gonzales – Jahrgang 1972 – ist ein musikalisches Urgestein und ein Virtuose am Klavier, wenn auch nicht im klassischen Fach. Seine Liebe gilt dem Jazz, wie er ihn versteht, und dieses Verständnis ist nicht unbedingt kongruent mit dem – geschriebenen oder ungeschriebenen – Jazz-Kanon. Am 4. Juli präsentierte er seine Tastenkünste und […]
Barockpracht mit Klangproblemen
Georg Friedrich Händels „Wassermusik“ und „Feuerwerksmusik“ gehören zu den berühmtesten Werken des Barockzeitalters und sind heute noch sichere Repertoire-Renner, wo es um klangliche Pracht und Präsenz geht. Im Rahmen des Rheingau-Musik-Festivals boten sie sich geradezu für eine Aufführung in der Basilika von Kloster Eberbach an. Dazu hatte man das französische Barock-Ensemble „“Le Concert Spirituel“ unter […]
Peter Sloterdijk: „Den Himmel zum Sprechen bringen“
Viele Sachbücher behandeln ihr Thema in einem großen Bogen, dessen Spannung gegen Ende nachlässt und nur noch einige unbedeutende Randthemen aufgreift. Das vermeidet Peter Sloterdijk in seinem neuen Buch über die Religionen ganz bewusst. Hier steht am Ende eine Erkenntnis, die einen engen, den Verhältnissen inhärenten Zusammenhang zwischen der menschlichen Position in der Welt und […]
Julie Zeh: „Über Menschen“
Mit diesem Buch zeigt die bekannte Autorin durchaus Mut, denn sie beschreibt die öffentlich schon festgelegte Sicht auf den immanenten Rechtsextremismus in der brandenburgischen Provinz aus einer ungewohnten und – für manche – nicht unbedingt hundertprozentig politisch korrekten Perspektive. Die Mittdreißigerin Dora entflieht der Berliner Corona-Krise und vor allem ihrem apokalyptisch moralisierenden Lebensgefährten Robert in […]
Thomas Biebricher: „Die politische Theorie des Neoliberalismus“
Der Begriff des „Neoliberalismus“ erscheint in einem Großteil der heutigen Sachliteratur über Wirtschaft, Politik und Gesellschaft als negativ vorgespannter Kampfbegriff, gerne auch zusammen mit dem „(Spät-)Kapitalismus“. Auf eine Eingrenzung oder gar ausführliche Erklärung dieses Begriffs verzichten die Autoren dabei gerne, da sie ihn offensichtlich grundsätzlich für ausdiskutiert halten – und weil sich die jeweilige Zielgruppe […]
B. Roidinger/B. Zuschnig: „Sexpositiv“
Sexualität wurde seit Jahrhunderten aus den verschiedenstem Gründen tabuisiert, entweder aus gesundheitlichen oder – meistens – machtorientierten Gründen. Da die Sexualität als einer der zentralen menschlichen Triebe das Denken und die Sehnsüchte seit jeher existenziell bewegt, lässt sie sich hervorragend als Mittel der Machtausübung benutzen. Die Religionen haben dies früh erkannt und bis heute zu […]
Julie Zeh: „Leere Herzen“
Dieser Roman ist 2016 als unmittelbares Echo der Flüchtlingskrise entstanden. Nach der massenhaften EInwanderung musste die Bundekanzlerin auf öffentlichen Druck hin zurücktreten und das Feld der neu entstandenen Partei „Bund besorgter Bürger (BBB)“ überlassen. Schelm, wer hier an die AfD denkt. Die neue Regierung hat in den letzten Jahren – der Roman spielt vielleicht 2020/21 […]
Werner Milstein: „Einer muss doch anfangen“
Ältere Jahrgänge kennen noch Namen wie Sophie und Hans Scholl sowie Begriffe wie „Die weiße Rose“. Bei jüngeren Menschen ist das nicht mehr unbedingt der Fall, weil für sie und auch schon für ihre Lehrer die Zeit des Dritten Reiches zu lange zurückliegt, um noch persönliche Betroffenheit auszulösen. Das sei hier nicht als Vorwurf, sondern […]
Markus Thiele: „Die Wahrheit der Dinge“
Ein weitverbreiteter und durchaus verständlicher Irrtum besteht darin, bereits von irdischen Gerichten Gerechtigkeit zu verlangen, wobei das Verständnis von Gerechtigkeit subjektiv stets eindeutig ist. Die Wahrheit besteht jedoch darin, dass Gerichte nur Recht auf der Basis vorliegender Gesetze und unter Berücksichtigung aller Umstände eines gegebenen Sachverhalts sprechen können und dass die Urteile durchaus dem Gerechtigkeitsempfinden […]