Die Erkundung des Etosha-Naturparks.
Kurz nach fünf Uhr reißt uns zum zweiten Mal in dieser Woche der Wecker aus dem Nachtschlaf, denn heute haben wir die Morgentour durch den Park gebucht. Draußen ist es noch dunkel,, als sich kurz vor sechs Uhr die Gäste am Jeep des einheimischen Führers treffen und dankbar in die angebotenen Kapuzendecken schlüpfen. Denn um diese Zeit ist es noch empfindlich kühl, so dass eine warme Jacke und lange Hosen angebracht sind.
Die Kälte nimmt bei der flotten Fahrt auf den leeren Schotterpisten des Parks noch zu, und wir trauern sogar ein wenig der Hitze des Vortags nach. Schnell naht jetzt die Dämmerung, und im Osten rötet sich der Himmel. Gegen halb sieben steigt aus dem „vorgeglühten“ Morgenhimmel eine Sonne wie aus flüssigem Metall auf, deren Farbe mit jeder Minute meher ins Gelbe changiert. Doch die frische Morgentemperatur ändert sich so schnell nicht. Zur Ablenkung von der Kälte zeigt unser Führer auf ein weites, offenes Gelände zur Rechten, in dem sich eine ganze Löwenfamilie samt träge im Sand liegenden Männchen, einer Reihe von Weibchen und zwei oder drei Jungen tummelt. Die Weibchen haben nachts offensichtlich erfolgreich gejagt, denn ihre Tatzen und Mäuler tragen deutliche rote Spuren. Da wird wohl wieder ein junges – oder altes – Zebra sein Leben ausgehaucht haben.
Die Löwen machen einen ausgesprochen saturierten Eindruck und beachten unser wenige Meter neben ihnen parkendes Auto überhaupt nicht. So setzen wir unseren Weg nach einer ausgiebigen Fotorunde, bei der wir wohlweislich im Auto bleiben, wieder fort zu anderen Tiertreffs. Am Gemsenloch, das wir schon von gestern kennen, fahren wir mangels Tierbesuch vorbei, doch am Giraffen-(Olifanten)Loch herrscht bereits reges Leben. Außer Löwen, Elefanten und Nashörnern, die offensichtlich noch anderswo schlafen, trifft sich hier schon die ganze Tierwelt zum Morgendrink. Das machen auch wir und ziehen uns zum Frühstück in ein eingezäuntes „Menschenreservat“ zurück, in dem wir entspannt inmitten des Wildgeheges im Freien essen können. In diesem Fall können die Tiere uns von außen durch den Zaum besichtigen und sich einbilden, sie besuchten einen Naturpark mit freilaufenden Menschen. Mittlerweile ist es so warm geworden, dass wir die Decken ablegen und die Morgensonne genießen können. Das ist die schönste Zeit des Tages. Nicht mehr zu kühl und noch nicht zu heiß.
Anschließend geht es zurück entlang derselben Route, auf der mittlerweile alle Tiere erwacht sind und auf der Futtersuche in Herden durch die Savannenlandschaft ziehen. Die Löwen haben sich weiter ins Feld verzogen, irgendwo weiter entfernt sichten wir Elefanten, und Springböcke, Oryx-Antilopen sowie Zebras säumen unseren Rückweg ins Camp.
Nach einer langen, hitzebedingten Mittagspause – mit Elefanten am heimischen Wasserloch – unternehmen wir noch einen Ausflug zur Wasserstelle Okondeko etwa zwanzig Kilometer im Norden, am Rande des ausgetrockneten Salzsees, der sich hier auf einer Länge von fast hundert Kilomter nach Osten und zwanzig Kilometer in Nord-Süd-Richtung erstreckt. Dort tummeln sich Hunderte von Tieren auf einem weiten Areal. Neben den bekannten Arten fallen hier vor allem die Herden schwarzer Gnus auf, die man sonst im Park seltener sieht. Viele der Tiere – Strauße, Springböcke und andere – stehen weit draußen auf der gleißenden Salzfläche, und man fragt sich, was sie dort suchen, wo kein Baum, kein Strauch und kein Grasfhalm wächst. Zwar brauchen die Tiere auch Salz, doch dazu müssten sie nicht so weit hinaus auf die Salzfläche laufen.
Bei der Rückkehr stehen mittlerweile fünf Elefanten mit schlammverkrusteten Rücken und starrem Blick in der Nachmittagssonne am Wasserloch des Camps. Nicht zuletzt sie haben dafür gesorgt, dass der Wasserspiegel des Lochs im Laufe des letzten Tages um gut einen halben Meter gefallen ist, denn ein Elefant trinkt am Tag etwa zweihundert Liter Wasser. Wenn ein Elefant sich dem Wasserloch nähert, machen ihm die anderen Tiere automatisch Platz. Daran erkennt man deutlich die Hierarchie in der Tierwelt. Der Elefant braucht den Respekt nicht einzufordern, die anderen Tiere – abgesehen von den Löwen, die man an diesem Wasserloch aber nicht sieht – erweisen ihn von sich aus.
Der Abend bringt die mittlerweile schon bekannte Nashornschau mit Vollbad bis zum Rücken und diversen Wasserspielen der Dickhäuter sowie kleinen Kämpfen um die besten Plätze. Auch die Mutter mit ihrem Jungen ist wieder da. Die anderen Tiere außer den Schakalen verschwinden wieder wie am Vorabend, nur die Giraffen beäugen das Geschehen aus der Ferne und hoffen darauf, dass die Nashörner sich irgendwann zurückziehen. Aber auch hier erstarren irgendwann die Aktivitäten der Wasseraufnahme zur Reglosigkeit und zeigen damit das Ende des Tages an.
Damit neigt sich auch unser Besuch der Etosha-Ebene seinem Ende entgegen, denn morgen früh geht es weiter zum Waterberg.
Hier noch einige Impressionen des Verfassers:
Frank Raudszus
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