Die ironische Wiederbelebung eines Literaturgenres.
Kristof Magnusson beschreibt in „Arztroman“ einen Lebensabschnitt der Notärztin Anita Cornelius. Anita ist frisch geschieden und kommt mit ihrem neuen Leben ohne Mann noch nicht zurecht. Schlimm ist für sie aber besonders, dass der gemeinsame Sohn Lukas bei ihrem Ehemann Adrian und dessen Lebensgefährtin Heidi lebt. Ihr fehlt die Nähe des Jungen, und sie ist enttäuscht, dass er sich so gut in seine neue Familie einfügt. Sie freut sich riesig auf die Besuche des Sohns und kann es kaum ertragen, wenn Lukas lieber zu seinen Freunden geht und dort übernachtet.
Ihr Arbeitskollege Maik muss dann auch oft als Seelentröster herhalten und sie darauf hinweisen, dass das Private privat ist und Patienten eben Patienten sind, und dass sie lernen muss, das eine vom anderen zu unterscheiden. Maik bringt die Dinge auf den Punkt, hilft Anita nach vorne zu schauen und nicht einen „kalten Krieg“ zu beginnen.
Sie selbst ist zwar die kompetente, angagierte Notärztin, aber ihre Seele ist derart verletzt, dass sie in dieser Hinsicht eher eine Patientin denn eine Ärztin ist. Welche Rolle soll sie spielen? Sich selbst zu therapieren gelingt selten. So braucht die Notärztin einen aufmerksamen, empathischen Mitmenschen, der ihr neue Wege aufzeigt und sie aus ihrem Gefängnis der Ängste befreit.
„Arztroman“ liest sich flott, entthront den „Gott in Weiß“ und beschreibt die kompetent helfende Ärztin als Menschen, der wiederum selbst hilfsbedürftig ist.
Mit den üblichen Klischees, wie sie in den „Arztroman“-Groschenheften über Ärzte, Schwestern und Patienten verwurstet werden, hat dieser Roman glücklicherweise nichts gemein.
Das Buch ist im Verlag Antje Kunstmann erschienen, umfasst 317 Seiten und kostet 19,95 €.
Barbara Raudszus
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