Beim Rheingau Musik Festival präsentieren die „Swingin´Fireballs“ aus Bremen traditionellen Swing.
Die Veranstalter des Rheingau Musik Festivals achten jedes Jahr auf eine gesunde Mischung aus sogenannter „ernster Musik“ und der „leichten Muse“, was immer man darunter verstehen mag. Neben dem beliebten Musik-Kabarett spielt dabei auch der Jazz eine Rolle, wenn auch eher in seiner traditionellen Form. Jazz-Puristen werden auf diesem Festival eher nicht auf ihre Kosten kommen, aber die Freunde schwungvoller – „swingender“ – Jazz-Musik, wie sie Dixieland, New Orleans und eben der „Swing“ anbieten, finden hier auch ein Musikangebot vor, zu dem sie ungeniert mit den Füßen wippen können.
Auch der Wiesbadener Kurpark wird dann zur Konzertbühne, und die Veranstalter schauen in jedem Jahr sorgenvoll auf den Himmel, ob das Freiluftkonzert „trockenen Fußes“ über die Bühne gehen wird. Am 3. August stand die Bremer Jazz-Band „Swingin´Fireballs“ auf der Freiluftbühne. Mit acht Musikern ist das schon mehr als eine Combo, und wenn diese acht loslegen, erzeugen sie mühelos den Eindruck einer Bigband. An diesem schwül-warmen Sommertag konnten sie einem jedoch etwas leid tun, denn sie traten in schwarzen Anzügen und weißen Krawatten auf. Zum Glück standen sie ihm Schatten der großen Konzertmuschel, so dass sie nicht – wie das Publikum – der stechenden Sonne ausgesetzt waren.
Die Band besteht aus Profi-Musikern, die durchweg eine klassische oder eine gemischte Ausbildung – Klassik und Jazz – hinter sich haben und mehrheitlich mehrere Instrumente beherrschen. Zwei Trompeten (Holger Becker und Matthias Rambach), zwei Saxophone (Volker Bruder und Matthias Schinkopf), ein Bass (Micha Keding, der ursprünglich Cello gelernt hat), Schlagzeug (Friedemann Bartels) und Gesang (André Rabini) bilden das Grundgerüst der Band. Dazu liefert Pianist Joachim Refardt nicht nur die rhythmische und harmonische Unterfütterung sondern auch alle Arrangements.
Die Band versteht sich nicht nur als „Musiklieferant“ sondern betont auch den Aspekt des „Entertainments“ (wir benutzen hier bewusst den Anglizismus, da „Unterhaltung“ eine andere, ein wenig abwertende Bedeutung transportiert). André Rabini übernimmt neben seinem Gesang die Rolle des Conferenciers, der nicht nur die einzelnen Stücke ansagt oder kommentiert, sondern auch permanent mit Scherzen, Anekdoten und augenzwinkerenden Frotzeleien über seine Kollegen das Publikum bei Laune hält. Dabei hilft ihm sein schauspielerisches Talent, das seine Anmerkungen mit entsprechender Gestik und Mimik kräftig ausmalt. Auch seine Kollegen beteiligen sich an den Frotzeleien und Scherzen, so dass dem Publikum neben guter Musik auch eine kleine „Show“ geliefert wird.
In den zwei Stunden am Sonntag Vormittag wurde die große Zeit des Swing noch einmal lebendig, die mit Namen wie Count Basie und Duke Ellington verknüpft ist, um nur zwei von vielen Namen zu nennen. Daneben bedient sie sich jedoch auch aus dem „Latin Fundus“, so etwa mit „Brazil“, oder aus dem italienischen Schlagerfundus der sechziger Jahre, den ja auch Dean Martin und andere US-Sänger gerne geplündert haben. Dazu gehören natürlich das unsterbliche „Buona Sera“ im Stile Louis Primas oder Balladen wie „Fly me to the Moon“, bei dem André Rabini überzeugend Dean Martins unverwechselbares Timbre imitiert.
Daneben kommen dann unbekannte Stücke zum Vorschein, die das Können einzelner Solisten hervorheben, so etwa „grüne Hornissen“, das an Rimski-Korsakows „Hummelflug“ erinnert und von dem Trompeter Höchstleistungen verlangt, oder „Big Noise“, das Matthias Schinkof virtuos – ausgerechnet! – auf der Blockflöte vortrug. Das berühmte Stück „Sing, sing, sing“ (dessen Titel nichts mit dem Zuchthaus zu tun hat…) rahmte dann noch ein ausgedehntes Klarinettensolo von Volker Bruder ein, das wiederum Themen aus „Porgy & Bess“ intonierte, und auch Friedemann Bartels an dem rückwärtigen Schlagzeug – das Schicksal aller Schlagzeuger: stets im Hintergrund! – erhielt seine Gelegenheit zu einem wirbelnden Solo auf verschiedenen Schlaginstrumenten. Dazwischen folgten dann immer wieder Nummern aus dem klassischen Swing-Repertoire wie „Jumping East of Java“ oder „Sway“. Überhaupt war das berühmte „Rat Pack“ – Dean Martin, Frank Sinatra und Jimmy Davis jr. – in diesem Programm als Inspirator und Vorbild gut vertreten.
Sogar Udo Jürgens setzte die Band mit „Don´t forget the cream“ ein kleines musikalisches Denkmal, allerdings mit einem ironischen Augenzwinkern, das doch eine gewisse künstlerische Distanz zu diesem Kollegen ausdrückte. Die englische Version von „Aber bitte mit Sahne“ präsentierte die Band dann aber ganz im Stile der alten Swing-Bands.
Nach zwei Stunden eines weit gefächerten Musikprogramms mit hohem Unterhaltungswert konnte nur die stechende Mittagssonne ein Ende herbeiführen. Andernfalls hätte das Publikum vielleicht bis in den Abend hinein Zugaben gefordert.
Frank Raudszus
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