Trockene Weine und liebliche Landschaft
Die Weinregion um Stellenbosch ist voller landschaftlicher Reize
Freitag, 26. Oktober
Auflug in die Weinregion
Heute morgen hüllen dichte Wolken Kapstadt bis hinunter zum Wasser ein. Das Frühstück wird deswegen vom Freien in den Innenraum verlegt. Draußen ist es sofort empfindlich kühl, so dass Pullover und Jacken zum Einsatz kommen. In der Hoffnung auf die hier oft übliche Wetterbesserung während des Vormittags behalten wir unsere Planung bei und begeben uns auf die N1 Richtung Osten nach Stellenbosch und die Weinregion um diese Universitätsstadt herum. Leider beschert uns das Wetter weiterhin dichte, tief hängende Wolken und wiederkehrende Regenschauer. Wir lassen die Abzweigung nach Stellenbosch erst einmal rechts liegen und biegen etwas später ab Richtung Franschhoek. Das ist ein mondäner Ort im gleichnamigen Tal, der einst von französischen Siedlern gegründet wurden – „Fransch Hoek“ bedeutet „französische Ecke“.
Das Weingut Spier bei Stellenbosch
Die Fahrt durch das Tal lässt die Schönheit der Landschaft erahnen. Links und rechts erheben sich sanfte Hänge über den Weingütern, die überall mit repräsentativen Portalen zu Weinproben einladen. Die müssen wir uns jedoch versagen, da wir einerseits Auto fahren müssen und andererseits sowieso keinen Wein im Flugzeug mit nach Hause nehmen können. Hin und wieder schälen sich auch die höheren Bergregionen aus den schweren Regenwolken heraus und zeigen steile Felsformationen wie in den europäischen Voralpen. Ringsum ist alles grün, und die Orte zeigen, dass hier ein gewisser Wohlstand herrscht.
Franschhoek entpuppt sich tatsächlich als ein Ferienort erster Güte, vergleichbar mit Travemünde oder Starnberg in Deutschland. Hierin fährt der Kapstädter mit dem nötigen Kleingeld gerne für ein Wochenende, übernachtet in einem der gepflegten aber nie zu großen Hotels, isst gut und gönnt sich gute Weine. Darüber hinaus bietet der Ort vor allem den Damen eine große Auswahl an Boutiquen, und Galerien mit dem Schwerpunkt auf afrikanischer Kunst gibt es hier auch mehr als genug. Die gepflegten und liebevoll gestalteten Anlagen und Gebäude reizen zum kurzweiligen Spaziergang, und dies und das aus den Läden tritt dann auch die Weiterreise an.
Die führt uns jetzt nach Stellenbosch, wo wir eigentlich einen Mittagsimbiss einnehmen wollen. Doch die Stadt erweist sich schnell als ein Verkehrsmoloch, in dessen Innenstadt für Autofahrer nichts vorangeht. An die Suche nach einem netten, lauschigen Restaurant ist erst gar nicht zu denken. So versuchen wir, den Dauerstau in der Innenstadt schnellstens zu verlassen, und geraten dabei in bessere Wohnviertel, bevor uns das Navigationssystem als letzte Rettung aus der Stadt hinaus und auf die richtige Straße führt. Auf der Fahrt zurück nach Kapstadt halten wir dann nicht weit von Stellenbosch entfernt im Weingut Spier, das neben den üblichen Weinverkostungen auch eine kleine Gastronomie anbietet.
Auf der Weiterfahrt entscheiden wir spontan, doch noch ein weiteres Weingut, Vergelegen, zu besuchen, weil es nicht nur sehr schön gelegen sein sondern auch guten Kaffee und Kuchen anbieten soll. Leider haben wir nur die grobe Karte von Kapstadt und Umbegung, auf der das Weingut zwar namentlich ausgewiesen ist, jedoch ohne sichtbare Anbindung an eine Sraße. So biegen wir in Somerset West von der N2 ab und folgen einfach der Nebenstraße, die unserer Ansicht dorthin führen muss. Wir verlassen den Ort, überqueren einen mehr als holprigen Bahnübergang, und danach wächst die aufwärts führende Straße buchstäblich von beiden Seiten zu und lässt links und rechts neben dem durchgezogenen Mittelstreifen jeweils nur eine halbe Wagenbreite frei. Als der Weg immer unwirtlicher wird und wir schon zu zweifeln beginnen, scheint er auf eine große Straße zu führen. Doch die Zufahrt ist durch eine Leitplanke gesperrt, und jetzt ist uns klar, warum die Straße so zugewachsen ist: sie wird schon lange nicht mehr genutzt. Zurück geht es auf der Suche nach dem richtigen Weg, und auf einmal befinden wir uns mitten in einem „Township“. Ringsum nur ärmlichste Wellblechhütten, und junge Farbige lungern auf der Straße herum. Uns wird etwas flau im Magen, aber wir können den Ort ohne Probleme passieren. Ein letzter Versuch führt uns auf eben die Umgehungsstraße, an deren Leitplanke wir soeben standen, und hinauf zum Lowry Pass, der jedoch weit hinter dem Ort des Weinguts liegt. Entnervt geben wir auf, müssen aber erst noch bis hoch zum Pass fahren, wo wir drehen und dabei ein wenig die Aussicht auf das lange Tal vor Kapstadt genießen können. Der Heimweg zu unserer Unterkunft ist dann kein Problem mehr.
Den letzten Abend in Kapstadt lassen wir noch einmal in dem Restaurant des gestrigen Abends bei Austern und Sushi ausklingen.
Samstag, 27. Oktober
Abschied von Südafrika
An diesem Morgen der Rückreise scheint die Sonne aus einem wolkenlosen Himmel! Konnte es nicht gestern so schön sein? Kurzentschlossen beschließen wir, noch einen Ausflug zum Tafelberg zu unternehmen. Dabei landen wir aufgrund eines Irrtums erst einmal auf dem Signal Hill, der sich über Sea Point erhebt und auch einen ganz netten Ausblick über Stadt und Meer bietet. Im zweiten Versuch landen wir dann vor der Talstation der Seilbahn zum Tafelberg, müssen jedoch zur Kenntnis nehmen, dass es für Privatpersonen keine Autozufahrt zum Plateau des Tafelbergs gibt. Sehnsüchtig schauen wir nach oben zur Bergstation, doch unsere Zeit erlaubt nicht mehr die Prozedur des Anstellens sowie der Auf- und Abfahrt, vom Aufenthalt oben ganz zu schweigen. Die vielen Autos, die hier schon morgens parken, gehören jedoch offensichtlich nicht nur Seilbahnfahrern. Denn wir sehen viele Wanderer in zünftiger Wanderkleidung enen schmalen Weg bergauf kraxeln. Offensichtlich kann man den Tafelberg auch erwandern. Das werden wir uns für den nächsten, dann länger dauernden Besuch in dieser schönen Stadt vornehmen.
Gegen Mittag startet unsere Maschine Richtung Windhoek und landet dort nach einem wolkenlosen Flug gegen vierzehn Uhr. Da unser Weiterflug nach Frankfurt erst um neun Uhr abends angesetzt ist, stellt sich die Frage, wie die verbleibenden sechs Stunden bis zum Einsteigen zu gestalten sind. Der kleine Flughafen von Windhoek bietet keinerlei Abwechslung, und sechs Stunden lang lesend oder schlafend im Wartebereich zuzubringen, ist auch keine Alternative. So lassen wir uns von einem Shuttle-Taxi nach Windhoek hineinfahren – immerhin knapp fünfzig Kilometer -, nur um dort festzustellen, dass samstags gegen Mittag alle Läden schließen. Die Innenstadt liegt wie ausgestorben in der warmen Mittagssonne, und schließlich landen wir in dem Café eines kleinen Parks, wo wir nicht nur einen Drink zu uns nehmen sondern auch eine Seltenheit erleben: plötzlich und unerwartet geht in dieser Stadt, die sechs Monate keinen Regen gesehen hat, ein längerer und kräftiger Gewitterschauer nieder, der die einheimischen Kinder zu Freudentänzen verführt und auch den Erwachsenen alles andere als unangenehm sein dürfte. Wir sitzen sicher unter einer dicken Plane im Garten des Cafés und hören den prasselnden Regen über uns. So hat unser Ausflug nach Windhoek doch noch etwas Gutes gehabt, denn einen solchen Regenguss erlebt man hier selten. Noch während der Rückfahrt zum Flughafen zucken Blitze durch die schwarzen Wolkengebirge im Westen.
Den Rückflug nach Frankfurt beeinträchtigen diese Gewitter jedoch nicht mehr, da sie sich weit nach Westen verzogen haben. So klingt diese erlebnisreiche Südafrika-Reise mit einem ruhigen und mit Schlaf gesegneten Nachtflug aus.
Frank Raudszus
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