Chanson-Programme sind ein beliebtes Format für stilvolle Konzertabende. Dabei besteht stets die Gefahr, dass sich das jeweilige Ensemble auf die sichere Seite der leicht wiedererkennbaren „Aha“-Stücke begibt, also etwa Brecht/Weills „Mackie Messer“, und damit den Beifall schon vorab auf der Habenseite buchen kann. Nicht so das Duo Ralph Dillmann(Gesang) und Gerd Kaufhold (Klavier), die schon seit Jahren zusammen auftreten und dieses Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum feiern. Aus diesem Anlass präsentierten sie am Sonntag, dem 3. März, eine Auswahl ihrer Chansons im Ober-Ramstädter Prälat-Diehl-Haus, das trotz sonnigen Vorfrühlingswetters so gut wie ausverkauft war.
Ralph Dillmann, selber – unter anderem! – ausgebildeter Tänzer, ist kein Neuling des darstellerischen Fachs, hat er doch seit dem Ende seiner Tänzer-Karriere jahrelang in verschiedensten Rollen auf der „Neuen Bühne Darmstadt“ gestanden und dabei auch seine tänzerischen und sängerischen Fähigkeiten zum Tragen gebracht. An diesem Abend zeigte er auf überzeugende Weise, wie man sich als darstellender Künstler auch nach dem zwangsläufig frühen Ende der Tänzerlaufbahn neu erfinden kann. Dass man die einmal erlernte Bewegungskunst darüber nicht vergisst, sondern sie sinnvoll weiter nutzt, versteht sich dabei von selbst.
An diesem Abend präsentierten die beiden Künstler dem Publikum eine Reihe ausgefallener Chansons und Lieder, die die meisten Besucher wohl kaum kannten. Dabei achteten sie vor allem auf eine gute Mischung aus ernsthaften, kritischen und humoristischen Stücken, ohne jemals auch nur in die Nähe der Sentimentalität oder gar des Kitsches zu gelangen. Obwohl auch amerikanische Lieder dabei waren, stammten diese nicht aus dem typischen „Ohrwurm“-Zyklus, sondern waren kleine Preziosen mit intelligenten Texten, etwa das vielsagende „I don´t know how to open this show“ oder die galgenhumorige Klage eines Casting-Opfers über die dreifache Anforderung – Tanzen, Singen und Schauspielern – beim Musical mit dem Titel „Double-Threat Trio“. Den Schwerpunkt bildeten jedoch deutschsprachige Lieder aus der ersten – und auch zweiten – Hälfte des 20. Jahrhunderts von Komponisten wie Paul Dessau (Vertonungen von Brecht-Texten), Manfred Schmitz und vor allem Georg Kreisler. Ohne die anderen Lied-Komponisten herabsetzen zu wollen, ist doch zu vermerken, dass die unnachahmlichen Lieder dieses österreichischen Liedermachers wegen ihrer musikalischen Eleganz und ihrer doppelbödig kritischen Texte hervorstachen. Als Gegensatz zu dieser Wiener Komponente trug Dillmann auch freche Berliner Songs vor, die das Feld der Frivolität nicht nur streiften und damit entsprechende Lacher provozierten. Doch bevor der Abend in Schenkelklopfen ausarten konnte, folgten wieder leise, meist hintersinnige oder die menschlichen Schwächen auf den Punkt bringende Lieder. Dabei bemühte sich Dillmann erfolgreich um eine deutliche Artikulation, bei Sängern nicht immer selbstverständlich, um den Witz dieser kurzen Stück zum Tragen zu bringen. Um auch dem Pianisten nicht etwas mehr Spielraum neben der Liedbegleitung zu geben, spielte Gerd Kaufhold zwischendurch immer wieder einzelne Stücke aus Robert Schumanns Klavieralbum „Papillon“.
Der Abend verging dank der breiten Vielfalt wie im Fluge, und das Publikum sicherte sich durch kräftigen Beifall noch zwei Zugaben. Erkämpfen mussten sich die Besucher diese Zugaben nicht, da man den beiden Künstlern die Spiel- und Gesangsfreude deutlich ansah. Die nächste Aufführung dieses Abends findet am 28. April statt. Näheres ist auf der Webseite des Duos zu erfahren.
Frank Raudszus
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