Das 2023 im Midas Verlag erschienene Buch „Rosa“ von Hayley Edwards-Dujardin stellt in kompakter Weise den Wandel der kulturgeschichtlichen Bedeutung der Farbe Rosa dar. Das Buch richtet sich an den kunsthistorisch interessierten Laien.
Weit gefehlt, wenn man annimmt, dass Rosa immer die Farbe des Weiblichen, des Zarten und Mädchenhaften war.
Anhand von Bildmaterial von der Antike über das Mittelalter und die Renaissance bis in die Gegenwart – insofern ist der Untertitel „Von Botticelli bis Christo“ etwas irreführend – demonstriert der Autor sowohl die Vielfalt dieser Farbe als auch ihre sich wandelnden Ausdrucksmöglichkeiten und Anwendungen.
Seit der Antike wird „Rosa“ erwähnt, das aus der Verbindung von Rot und Weiß entsteht und damit gegenüber dem dominanten Rot eine scheinbar unterlegene Stellung hat.
Tatsächlich hat diese „unterlegene“ Farbe eine große Anwendungsvielfalt erfahren, die sich möglicherweise gerade aus den Variationsmöglichkeiten der Farbskala von Hellrosa bis Fleischfarben, von grellem Pink bis zum Fliederton ergibt.
Edwards-Dujardin macht neugierig durch vier vorangestellte Farbtafeln aus dem 18. – 20. Jahrhundert, von Künstlern und Künstlerinnen aus Japan, Mexiko (Frida Kahlo) und den USA. Rosa ist hier vertreten als Magenta, das Herrschaftsanspruch stellt, als zartes Mädchenrosa, das ein junges Mädchen umhüllt, als dekoratives Muster mit Hintergrund, das die Dominanz der schwarzen Haare einer Japanerin bricht, wie auch das in vielen Schattierungen changierende Rosa, mit dem sich die menschliche Haut in ihren verschiedenen Erscheinungsformen abbilden lässt.
Die kurze geschichtliche Einführung verweist auf die französischen Revolution als einen entscheidenden Wendepunkt in der Bedeutung der Farbe Rosa. In der ungebrochenen Feudalgesellschaft des vorrevolutionären Frankreich war Rosa die Farbe der Mächtigen, die sich gerne mit Pomp und farbenfroher Kleidung darstellten und sich so auch malen ließen. In der aufkommenden bürgerlichen Klasse war das verpönt. Unter den Herren dominierte nun Schwarz, während den Frauen das Rosa vorbehalten war.
An einer Vielzahl von Farbtafeln zeigt der Autor, wie die Kunst mit der Farbe Rosa umgeht. Insbesondere im 20. Jahrhundert dient sie der Verfremdung und der Abstraktion von der Realität. In früheren Jahrhunderten, etwa bei Michelangelo, diente sie auch der nuancierten Abbildung des menschlichen Körpers. In religiösen Bildern des Mittelalters stand Rosa für die Hoffnung, dass auf das Dunkel der Nacht das Licht des Tages wiederkehrt.
Edwards-Dujardin bereitet das Material so für den künstlerisch interessierten Laien auf, dass Anschauung und erklärende Texte in einem guten Verhältnis stehen. Zu jeder Bildtafel gibt es einen knappen, gut verständlichen Informationstext, der hilft, das Bild kunstgeschichtlich einzuordnen und die Bedeutung des Rosa in dem jeweiligen Bild zu verstehen.
Insgesamt ist das ein zugleich kurzweiliges und informatives Buch, in das man immer wieder gerne hineinschaut, ohne dass die Texte überfordern. Interessant ist der Blickwinkel, auf den ich als Laiin nie gekommen wäre.
Nehmen Sie das Buch in die Hand und befreien Sie sich von dem Klischee, dass Rosa für kleine Mädchen ist und in einer Reihe mit Einhörnern steht. Sie werden eines Besseren belehrt werden.
Das Buch ist in der Übersetzung von Martina Panzer im Midas-Verlag erschienen, es hat 108 Seiten und kostet 22 Euro.
Elke Trost
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