Das Hamburger Musik-Trio „Bidla Buh“ ist seit Jahren Stammgast beim „Rheingau Musik Festival„. Wir haben darüber das letzte Mal im August 2011 berichtet. Seitdem sind die drei Musiker – wie wir alle – sieben Jahre älter geworden, haben jedoch ihren Schwung, ihren Witz und ihr musikalisches Können in jeder Hinsicht gehalten – wenn nicht gesteigert. Natürlich ändert sich das Programm in sieben Jahren, doch erstaunlich ist, wie viele Nummern diesen Zeitraum überstanden haben. Dabei legen wir Wert auf die Feststellung, dass die Kontinuität eines Programms durchaus ein positiver Faktor ist und nicht als Einfallslosigkeit oder gar Bequemlichkeit missverstanden werden sollte. Schließlich spielen die großen Orchester auch heute noch die berühmten Werke von Bach, Mozart und Beethoven. Was den Großen recht ist, ist den Kleinen billig.
Sänger, Trompeter und Conferencier Hans Torge Bollert, Gitarrist Olaf Klindtwort und Schlagzeuger Jan-Frederick Behrend heizten wie schon vor Jahren dem Publikum vom ersten Augenblick ein, wobei auch das bewährte Spiel der angeblichen drei Brüder die Jahre überdauert hat. Behrend gibt immer noch den von den beiden „Großen“ unterdrückten kleinen Bruder mit frustrierter Frankenstein-Physiognomie und bringt dies auch gesanglich zum Ausdruck. Bollert ist nach wie vor der so weltläufige wie freche Conferencier, der alle Tricks der Publikumsaufmischung beherrscht. Die Gesangsnummern sind zwar überwiegend Bollerts Sache, doch auch die beiden anderen „Brüder“ kommen zu Wort, allerdings nur allein, wenn der große Bruder es hinter der Bühne nicht merkt. Olaf Klindtwort weiß dann in bewusst eintönigem Duktus ein Lied davon zu singen, wie schwierig das Leben als schöner, erfolgreicher und kluger Mann ist und wie gerne er als Duchschnittsmann den Avancen der Damen und der Eifersucht der anderen Männer entginge. Behrend dagegen huscht in einer scheinbaren Pause mit einer winzigen Ukulele(?) ans Mikrophon und erzählt diesem in herausgepressten Strophen, welche Unfälle und Katastrophen er seinen beiden „Brüdern“ wünscht.
Doch zu Beginn rüttelt erst einmal Bollert das Publikum auf, indem er einzelne Zuhörer anspricht und in sein Programm einbezieht. Dann glänzt er mit einem „Pfeif-Potpourri“ durch die Musikgeschichte mit Mozart, Beethoven und anderen Titanen. Ein Ratespiel über Sinfonie und Oper! Als Beitrag zum Fitness-Trend spielen die drei auf Melodicas, deren Luft von Blasebälgen stammt, auf die sie sich für fast jeden einzelnen Ton setzen müssen. Das geht bei einem längeren Medley durchaus an die Kondition – und die Lachmuskeln der Zuschauer. „Adios Vegetarios“ – bereits 2011 auf dem Programm – kämpft im feurigen Flamenco-Sound gegen den „Veggie Day“.
Seinem Instrument, der Trompete, widmet Bollert eine längere Hommage, wenn er nacheinander verschiedenste Typen – von Barock über Jazz bis zum Gartenschlauch(!) -mit der jeweils dazu passenden Musik von „Rififi“ bis zum „Hard Rock“ vorstellt. Auch das allerliebste Kinder-Wiegenlied vom kleine Mädchen fressenden Weißen Hai ist wieder dabei, während die viersätzige Sinfonie mit instrumentalen Beiträgen ausgewählter Zuschauer neu ist und Themen wie „Kein Schwein ruft mich an“, „Donna Clara“ auf Bayerisch sowie „Tea for Two“ im Cha-Cha-Cha-Rhythmus enthält.
Auf dem kleinen Koffer-Vibraphon beweisen Bollert und vor allem Behrend ihre technisch perfekten Fähigkeiten an Mozart und anderen Komponisten, und auf der Gitarre spielen alle drei zusammen – das ist rein logistisch nicht einfach! – eine ausgedehnte „Country“-Revue.
Der zweite Teil beginnt mit einem Trommelwirbel Behrends, der übergeht in ein Stück von Astor Piazolla mit Akkordeon (wie es sich gehört), Gitarre und Percussion. Anschließend serviert Bollert einen berühmten „Rock´n Roll“-Song (welcher war es noch schnell??) auf Plattdütsch, bevor Olaf Klindtwort die Glöckchen an seinem Hemd und seiner Hose durch Tanzen und Fingerspiel zu einer bekannten Melodie erklingen lässt. Als akrobatische Einlage präsentieren die drei obendrein ein Spiel mit (fast schon fliegenden) Bechern und zeigen dabei erstaunliche Jonglierfähigkeiten.
Besonderen Applaus beim Publikum erntet Bollerts „Busen-Blues“, in dem er nach den Noten eines klassischen Blues die Vor- und Nachteile der weiblichen Busengrößen von 1 bis 13 für die Männer thematisiert. Einen Höhepunkt des zweiten Teils bildet – neben Behrends Lied des rachsüchtigen kleinen Bruders – die gesangliche Auseinandersetzung zwischen Udo Lindenberg und Herbert Grönemeyer über Musik und das Leben, die Hans Torge Bollert in unnachahmlicher Weise intoniert.
Das Trio servierte einen rundherum gelungenen Abend, bei dem das Publikum nicht nur auf seine Kosten kam, sondern „Showmaster“ Hans Torge Bollert auch in Erstaunen versetzte, als es spontan „Einmal am Rhein“ fehlerlos und in schönem Unisono sang. Bollert war perplex und witterte schon Konkurrenz aus dem Zuhörer-Lager. Dass zusätzlich das Wetter mit moderater abendlicher Sommerwärme mitspielte, war sozusagen das „i“-Tüpfelchen.
Frank Raudszus
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