Das letzte Konzert im Staatstheater Darmstadt vor der Sommerpause läuft traditionell unter dem Titel „Kehraus-Konzert“. Das soll vordergründig darauf hinweisen, dass man die Spielstätte vor den Theaterferien säubert und von Altlasten befreit. Dieses „Auskehren“ suggeriert jedoch auch, dass der Zuhörer dabei das „Ausgekehrte“ noch einmal in Auszügen hört. Doch damit würde man nur Teile der Vergangenheit noch einmal hören.
Das Staatstheater Darmstadt hat diesem Konzert-Titel deswegen eine zusätzliche Bedeutung verliehen. Statt in den Klängen des vergangenen Jahres zu schwelgen, lässt man Auszüge aus Werken erklingen, die in der kommenden Saison zu hören sein werden, sei es Oper oder Konzert. Man kehrt also das Alte aus und macht damit Platz für das Neue, das man schon einmal kurz anklingen lässt.
An diesem kühlen Juni-Freitag ging man gerne ins Konzert, weil die Witterung weder zu einem lauschigen Abend am Badesee, am Grill oder im Biergarten verlockte. Und das wurde durch ein abwechslungsreiches Programm belohnt.
Konzertdirektor Gernot Wojnarowicz führte mit lakonischem Humor durch das Programm und verlieh dem Konzert dadurch eine entspannte Atmosphäre. Die Musik war dagegen nicht durchweg ebenso entspannt, weil man einen Querschnitt des kommenden Jahresprogramms zu Gehör kommen lassen und sich damit nicht auf die leichte Unterhaltung beschränken wollte.
Die Oper war in der Reihenfolge ihrer Premieren mit Mozartts „Zauberflöte“, Verdis „Maskenball“, Dvoraks „Rusalka“ und Richard Strauss´ „Ariadne auf Naxos“ vertreten, wobei die „Zauberflöte“ mit der Ouvertüre, der Arie der Pamina und dem Duett Papageno/Papagena gleich drei Mal vertreten war. Bei Verdi hatte man neben dem Vorspiel zum „Maskenball“ sowie der Arie des Riccardo mit der Arie des Fiesco „L´Estremo Addio“ aus „Simon Boccanegra“ noch eine Reminiszenz an die letzte Saison eingeflochten. Neben dem „Lied an den Mond“ aus Dvoraks „Rusalka“ war zusätzlich sozusagen „außerplanmäßig“ noch der 3. Satz aus dessen 7. Sinfonie zu hören.
Der zweite Teil „wilderte“ dann noch etwas außerhalb der abgelaufenen und der kommenden Saison. Olivier Messiaen war mit zwei sehr unterschiedlichen Sätzen aus seinem spirituellen Werk „L´Ascension“ gleich doppelt vertreten, und die Arie des Gremin aus Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“ erinnerte an die Premiere dieser Oper im Frühjahr 2017. Nach der Arie der Zerbinetta aus „Ariadne von Naxos“ folgte dann mit Charles Ives´ „Central Park in the Night“ ein stimmungsvoller „Programmausreißer“, den wir weder in der vergangenen Saison gehört haben noch in der nächsten Saison hören werden. Den Abschluss bildete als eine Art Hommage an Leonard Bernstein zu seinem 100. Geburtstag dessen Ouvertüre zu der Oper „Candide“.
Als Solisten traten in den verschiedenen Rollen an diesem Abend bewährte Kräfte aus dem Darmstädter Opern-Ensemble auf: die Sopranistinnen Katharina Persicke, Cathrin Lange, Olivia Yang und Aki Hashimoto, David Lee (Tenor), David Pichlmaier (Bariton) und Johannes Seokhoon Moon (Bass). Hier ernteten Pichlmaier/Yang mit dem beliebten Papageno/a-Duett sowie Aki Hashimoto mit der Arie der Zerbinetta besonders starken Applaus.
Philipp Pointner dirigierte das Darmstädter Orchester mit viel Verve und entlockte den Musikern so kurz vor den Ferien noch einmal Höchstleistungen. An diesem Abend wurde kein leichter Saisonausklang sondern noch einmal anspruchsvolle Musik auf hohem Niveau geboten.
Der Beifall des Publikums im fast ausverkauften Großen Haus fiel dann auch entsprechend kräftig aus.
Frank Raudszus
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