Die „Lokale Gruppe“ ist in der Astronomie ein feststehender Begriff und bezeichnet eine Ansammlung von Galaxien, zu der auch unsere „Milchstraße“ gehört und die sich über fünf bis acht Millionen Lichtjahre erstreckt. Da liegt es natürlich nahe, diesen Begriff auch für eine Kunstausstellung zu wählen, die sich mit der lokalen Kunst beschäftigt, die in der „Darmstädter Sezession“ entsteht. Glücklicherweise sind die Dimensionen der Kunsthalle etwas übersichtlicher, so dass sich die Ausstellung leicht in einem Nachmittag durchwandern lässt.
Die Kunstausstellung der Darmstädter Sezession findet zum 38. Male nach dem Zweiten Weltkrieg statt und vermittelt einen aktuellen Eindruck vom Schaffen arrivierter und jüngerer Künstler in Darmstadt, auch wenn diese ihren Lebensmittelpunkt zum Teil an anderen Orten gefunden haben. Direktor Dr. Leon Krempel hat zusammen mit den Vertretern der Darmstädter Sezession Arbeiten von fünfzehn Künstler ausgewählt, die in dieser Ausstellung zu sehen sind. Dabei hat er auch Diversität der Kunstrichtungen Wert gelegt und neben Video- und Toninstallationen Werke mit Performance-Charakter und räumlich-konkrete Arbeiten ausgewählt.
Zu letzteren gehören die geometrischen Formen von Klaus Staudt, die auf den ersten Blick wie abstrakte Bilder wirken, jedoch aus dreidimensionalen Elementen bestehen, die in mehreren Schichten Licht und Schatten für ihre dynamische Wirkung nutzen. Jonas Hohnke lässt maßstabsgerechte Fotos des Kunsthallen-Bodens auf Rädern durch die Halle rollen und sorgt damit für Irritation, während Vera Röhm mit ihren verspiegelten Mineralien und Meteoritenbrocken eine ganz eigene optische Faszination ausübt.
Der junge Johannes Vogel hat Goldnuggets in die Wände des großen Saals geschossen, die an entsprechende Aktivitäten amerikanischer Goldminenbesitzer erinnern, die ihre ausgebeuteten Minen mit Goldkörnern beschossen, um die Minen dann überteuert an Goldsucher zu verkaufen. Das lässt sich durchaus als ironisches Aperçu zur Flüchtigkeit und Kommerzialisierung des Kunstbetriebs auffassen. Mirja Nicola Ruhmke wiederum hat unter dem Titel „Was ich nicht vergessen darf“ Notizzettels eines halben Lebens gesammelt und als eine Art koinzidentieller Biographie an einer Wand zusammengestellt.
Thomas Georg Blank steuert unter dem Titel „Veo mis hiesos“ (Ich sehe meine Knochen) ein Video über Geräuschkulissen und Gesprächsfetzen im Sinne des „Free Jazz“ bei, das er auf den Straßen von Mexiko City aufgenommen hat, und Susann Maria Hempel, die Sezessions-Preisträgerin von 2015, hat ein eindringliches Hörspiel über einen sozialen Außenseiter verfasst, das die Besucher in einem separaten Raum abrufen können.
Diese Auswahl ist nur exemplarisch und nicht als gezielte Auswahl nach Qualität zu verstehen. Weitere Ausstellungsobjekte anderer Künstler ergänzen und erweitern den Rahmen der Ausstellung, die einen guten Überblick über aktuelle künstlerische Aktivitäten der Darmstäder Sezession und gleichzeitig einen Eindruck von Kunsttrends vermittelt.
Die Ausstellung wird am 12. November eröffnet und läuft bis zum 7. Januar 2018. Näheres ist über die Webseite der Kunsthalle Darmstadt zu erfahren.
Frank Raudszus
No comments yet.