An der Straße von Kitzbühel nach Süden zum Pass Thurn ziehen sich an beiden Seiten weite Hänge mit mal stärkerer, mal dünnerer Bewaldung entlang. Gleich hinter dem Ortsausgang von Kitzbühel liegt hier der Golfplatz Eichenheim, der baulich und organisatorisch an das Hotel „Grand Tirolia“ angebunden ist. Schon die Zufahrt zum Clubhaus lässt erahnen, was auf einen vom Flachland kommenden Golfspieler zukommt, denn sie führt von der Bundesstraße mit nur zwei leichten Kurven als „Direttissima“ hinauf wie zu der Mittelstation einer Seilbahn. Doch erst einmal empfängt die Gäste ein großzügiges, repräsentatives Clubgebäude mit Restaurant und allen zugehörigen Einrichtungen, das alle Wünsche anspruchsvoller Golfspieler erfüllt. Unübersehbar konkretisiert sich hier das Gesetz, das es unter Gleichen stets „Gleichere“ gibt, und dabei dürfte der (internationale) Ruf des Urlaubsorts Kitzbühel eine wichtige Rolle gespielt haben.
Man fühlt sich hier vom ersten Augenblick einer besonderen Schicht angehörig, selbst wenn man ihr nachweisbar nicht angehört. Das macht aber nichts, denn allein das Gefühl der Zugehörigkeit ist bereits erhebend. So passt es auch, dass man die Löcher hier in anderer Reihenfolge spielt, auch wenn das aus ganz praktischen und nachvollziehbaren Gründen erfolgt. Im Herbst liegen die Löcher 1 bis 9 am Vormittag noch im Schatten und sind daher nass vom Tau, während die zweiten neun Löcher bereits seit dem Morgen in der Sonne liegen. So folgt man der freundlichen Anweisung, an Loch 10 zu beginnen, bereitwillig und genießt erst einmal den Blick von der Terrasse des Clubhauses auf sattgrünen Hänge, die friedfertig gähnenden Bunker und das nach Kitzbühel führende Tal.
Auf Loch 10 (Par 4) grüßt von ferne die Fontäne eines Wasser vor dem Grün. Trifft man die geplanten Schläge richtig, stellt dieses Loch trotz HCP 4 keine unerfüllbaren Anforderungen, allerdings behindert links vom Wasser noch ein Bunker die freie Passage. Dagegen wird es beim nächsten Loch (Par 4, HCP 2!) schon schwieriger, da der schmale Fairway nach rechts stark ansteigt und links ein seitliches Wasser lauert. Da kann ein zu mittig geschlagener Ball schon einmal hinunter rollen. Und aus der Ferne grüßt der Wilde Kaiser. Loch 12 kommt spektakulär daher, da man von oben in die Tiefe abschlägt. da kann man sich mit den Längenangaben schnell vertun, und die Bunker am Grün haben einen großen Magen…
Loch 13 ist zwar „nur“ mit HCP 14 bewertet, dennoch erfordert der Engpass zwischen seitlichem Aus rechts und hohen Bäumen links genaues Spiel, und direkt vor dem Grün öffnet noch ein kreisrunder Bunker seinen Schlund. Auf dem kurzen Par 3 von Loch 14 geht es wieder bergab, und das nächste Loch, ein langes Par 4, folgt diesem Trend. Hier steht man nach zwei Schlägen spät vor einem Dogleg-Knick nach rechts, der überdies noch einmal über eine Abbruchkante – wie auf der Streif! – zu einem tiefer gelegenen Grün führt. Loch 16, ein langes Par 5, führt weiter bergab und sieht im ersten Moment eher harmlos aus. Doch die vielen Bunker können auch guten Spielern schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Loch 17 führt parallel dazu wieder bergauf, ist also in gewisser Weise die Umkehrung seines Vorgängers. Doch neben den Bunkern fordert auch das Bergaufspielen seinen Tribut in puncto Länge. Der Abschluss dieser ersten – eigentlich zweiten – Hälfte führt mit Loch 18 (Par 4) noch einmal steil bergauf. Hier verhindert eine wahre „Herde“ von Bunkern unmittelbar vor dem Grün den freien und unbeschwerten Zugang zur Fahne.
Wer diesen Platz zum ersten Mal spielt, wundert sich über die durchgehenden Asphaltwege, die sich unübersehbar um die Abschläge, Fairways und Grüns winden. Außerdem fällt auf, dass man so gut wie keine Spieler sieht, die zu Fuß unterwegs sind. Nach den Löchern 10 bis 18 beginnt man jedoch zu verstehen, warum das so ist. Denn der Kondition verlangt dieser Platz doch einiges ab. Wer jedoch nach Loch 18 denkt, dass es jetzt leichter wird – man nimmt wohl, dass ein Platz sich mit der Lochzahl langsam steigert -, muss sich eines Besseren bzw. Steileren belehren lassen. Jetzt geht es erst richtig los mit dem Auf und Ab, und so mancher „fußläufige“ Golfspieler schaut den Golfcars bald etwas sehnsüchtig hinterher.
Das Loch 1 beginnt noch ganz konventionell und flach, knickt dann aber durch einen hohen Engpass nach rechts zu dem höher gelegenen Grün ab. Der anschließende Marsch zum Abschlag von Loch 2 ist gefühlt einen Kilometer lang und führt ununterbrochen aufwärts. An die dort zu Fuß angekommenen Spieler könnte man gleich einen Bergwanderpass ausgeben, Der Trost dabei ist, dass man während dieser „Wanderung“ einen herrlichen Blick auf das Tal und die umliegenden Berge genießt. Beim Loch 2 (Par 3) erschwert ein ausgedehnter Bunker vor dem Grün das Spiel.
Das nächste Loch erfordert wieder einen Aufstieg. Dafür können dann die Herren von einer Art „Adlerhorst“ in die Tiefe abschlagen, müssen aber aufpassen, das sie nicht das Dach der Hütte neben dem – tiefer gelegenen – Damenabschlag treffen. Das Grün liegt dann wieder deutlich höher, erfordert einen echten Aufstieg und ist wegen des fehlenden Einblicks schwer anzuspielen. So wie die „3“ hinaufging, führt die „4“, ein Par 3, bergab. Dicht am linken Waldrand zieht sich der Fairway entlang, und leicht endet ein Ball in den hohen Bäumen. Links vom Grün lauert obendrein noch ein seitliches Wasser. Und noch einmal geht es kräftig bergab, nämlich auf Loch 5 mit Par 4. Permanentes seitliches Wasser links mit dichtem Bewuchs und eine durchgehende Auslinie rechts setzen auf beiden Seiten deutliche Grenzen. Außerdem steht beim Abschlag für die Herren noch ein hübscher Heustadl links im Weg.
Das sechste Loch ist besonders „tricky“, obwohl als Par 3 eher kurz ausgelegt. Doch nach einem relativ engen Abschlagkanal – links dichter Baumbewuchs, rechts seitliches Wasser – zieht sich auf etwa 100 Metern (bei Abschlag gelb) ein breiter Graben quer durch den zum Grün deutlich ansteigenden Hang. Wer zu weit schlägt, landet im seitlichen Wasser hinter dem Grün, zu kurze oder zu flache Abschläge landen im Graben. Viel Glück!
Das siebente Loch (Par 4) bietet wieder völlig neue Schwierigkeiten. Nach einem engen Abschlag an seitlichem Wasser und Bunker – jeweils rechts – geht es durch extrem welliges Gelände, in dem man bei keinem Schlag gerade steht. Deshalb sollte man auf jeden Fall versuchen, diese Hochseewogen mit dem zweiten Schlag zu überwinden.
Nach dieser steigungsreichen Tour durch die höheren Lagen wird es gegen Ende dieser Hälfte Zeit, hinab ins Tal zu kommen. Doch das Loch 8 führt noch einmal für das Finale bergauf, mit einem schmalen, nach links abschüssigen Abschlagkanal zwischen durchgehendem Aus links und einem ausgedehnten seitlichen Wasser rechts. In den typischen Abschlagsentfernungen findet man übrigens im Graben links mehr Bälle, als man selbst auf diesem Platz verliert – und das will etwas heißen!
Zum Abschluss bietet dieser Platz dann noch ein echtes Wasser, das sich mit einer geradezu leutseligen Fontäne unmittelbar vor dem Grün ausbreitet. Wer den zweiten Schlag vorlegt, sollte eher einen kürzeren Schläger wählen, denn der abschüssige Fairway verleiht dem Ball gerade auf den letzten Metern vor dem Wasser noch einmal leidvolle Geschwindigkeit. Wer den zweiten Schlag direkt aufs Grün legen will ,läuft Gefahr, im seitlichen Wasser unmittelbar hinter dem Grün zu landen.
Wenn man als Flachland-Golfer diesen Platz mit elektrofreiem Trolley absolviert hat, weiß man, was man getan hat. Deshalb empfehlen wir allen Spielern, die nicht gerade über eine ausgeprägte Kondition verfügen, zumindest einen Elektrotrolley zu nutzen, wenn sie denn keine Elektrowagen mögen. Doch die Anforderungen an Kondition und Kletterfähigkeit haben auch eine zweite Seite: die Attraktivität dieses Platzes. Dabei geht es nicht nur um die herrlichen Ausblicke ins Tal und auf die umliegenden Berge. Der Platz ist selbst derartig geschickt in die bergige Landschaft integriert, dass jedes Loch seine eigenen, ganz individuellen und ungewöhnliche Reize besitzt. Schräge Hanglagen und enge Passagen zwischen hohen Bäumen gehören ebenso dazu wie Steigungen und Gefälle, stark konturierte Grüns, in sich gedrehte oder gewellte Fairways, Buckel und Senken. Jeder dieser Bodenänderungen stellt gleichzeitig eine golftechnische Schwierigkeit und einen landschaftlichen Reiz dar, so dass dieser Platz keinen Augenblick Gewöhnung oder gar Langeweile aufkommen lässt. Jedes Loch sorgt für eine neue Überraschung, mit der die Spieler erst einmal fertig werden müssen.
Um mit diesem Platz vertraut zu werden, muss man ihn ein halbes Dutzend mal gespielt haben. Neulinge lernen an ihm, was sie im Golf noch nicht beherrschen, und lernen Demut.
Frank Raudszus
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