Die Hamburger Staatsoper präsentiert zur Weihnachtszeit den Klassiker der Gebrüder Grimm
Wie schön ist es, einmal in die deutsche Märchengeschichte zurück zu fallen – wenigstens zur Weihnachtszeit. Auch für die ganz Kleinen unter uns spielt sich die Welt zunehmend im Digitalen ab, und hierfür werden in rauschendem Tempo immerwährend neue Inhalte erzeugt. Und dabei gibt es doch auch so schöne alte Geschichten – unter ihnen die Märchen der Gebrüder Grimm. So war es wohl auch zur Zeit der Gebrüder Grimm, als sie „Hänsel und Gretel“ aufschrieben – eine Geschichte, die bis dahin in den Köpfen der zumeist sicherlich Mütter, Großmütter und Tanten war. Gegen das Einsetzen des Vergessens brachten sie mitunter „Hänsel und Gretel“ zu Papier, und so können wir uns noch heute an der bezaubernden Geschichte erfreuen. Sicher hat das zeitlose Interesse auch seinen Grund darin, dass dieses Märchen gar nicht so verträumt friedlich ist, wie man es von einem Märchen zuerst meinen möchte – die Handlung ist wahrlich dramatisch!
Hänsel und Gretel sollen Hausarbeiten erledigen, um die Mutter zu entlasten, deren größte Sorge es ist, in ihren ärmlichen Verhältnissen den Kindern ein warmes Essen zuzubereiten. Ohne die Aufsicht der Mutter fangen die beiden aber rasant an Quatsch zu machen. Statt dass Gretel sich dem Strumpfstricken und Hänsel sich dem Reisigbinden widmen, lenkt Gretel die Aufmerksamkeit mit leuchtenden Augen zunächst auf die Tonkaraffe mit Milch, welche die Nachbarsfrau freundlich gespendet hatte. Die Mutter wird wohl am Abend einen leckeren Reisbrei daraus kochen. Hänsel ist wie elektrisiert und möchte nun sofort an die Milch und seine süße Lust stillen – Gretel kann ihn nur durch ein heiteres Tänzchen durch das karge Häuschen davon abhalten. Als die Mutter plötzlich durch die Tür schreitet, bereits aufgeschreckt durch das Singen der Kinder, ist sie blitzschnell erzürnt über die Unartigkeit und zertrümmert in ihrem Zorn im Versehen die Milchkaraffe. Nun ist das Elend wieder besonders groß. So jagt die Mutter die Kinder förmlich aus dem Haus in den Wald, dass sie Beeren pflücken gehen und ja nicht ohne prall gefüllte Körbe zurückkommen. Wie wir wissen, verirren sich die Kleinen im Wald, schlafen voller Angst im Freien und erblicken am frühen Morgen plötzlich das Hexenhäuschen aus lecker duftendem Lebkuchen. Zappzerapp sind sie gefangen von der Hexe und Hänsel wird im Käfig gemästet. Eine Unachtsamkeit lässt die böse Hexe aber schließlich selbst im Ofen landen und Hänsel und Gretel sind wieder frei – wenig später fallen sie auch schon in die Arme der Eltern.
Die Märchenoper wurde von Adelheit Wette und Engelbert Humperdinck am 23. Dezember 1893 zur Uraufführung gebracht. Seitdem ist sie wohl das beliebteste Weihnachtsstück, das Opernhäuser ihren Gästen bieten können – vor allem auch um den Nachwuchs für sich zu begeistern. In der Hamburger Staatsoper durften wir heute die sage und schreibe 250. Vorstellung seit der Premiere am 6. Dezember 1972 erleben. Wenn das Mal kein Zeichen für einen gewaltigen Erfolg ist! Inszeniert von Peter Beauvais und unter musikalischer Leitung von Philipp Pointner wird es zu einem berauschenden Nachmittag für die Familienschar im Zuschauerraum. Groß und Klein erfreuen sich am Stück – sicher hilft es, dass es vor Beginn noch eine kurze Einführung in die Handlung gibt. Denn wer wirklich das durchgehend gesungene Wort verstehen möchte, der muss schon parallel den Text über der Bühne lesen. Für die Kinder scheint das doch reichlich unmöglich. Doch die Jungen und Mädchen bleiben mucksmäuschenstill und schauen gebannt auf die Bühne. Dann sind es schon eher mal Eltern, die meinen, sie müssten ein Szenenbild mit dem Smartphone festhalten. Das ist unangenehm für alle anderen in der Umgebung, denn man ist zwangsweise durch das Licht des Bildschirms irritiert. In der Berliner Deutschen Oper gibt es tatsächlich einen Handybeauftragten, der die Leute mit aktivierten Telefon durch Anleuchten des Telefons mit einem Laserstrahl, für alle anderen kaum merklich, darauf aufmerksam macht, dass dieses Verhalten höchst störend und unerwünscht ist. Eine ausgezeichnete Idee!
Hänsel, gespielt von Dorrotya Lang, und Gretel, gespielt von der kurzfristig eingesprungenen Vida Mikneviciute, stellen ein herrlich frischfröhliches Geschwisterpaar dar und begeistern das Publikum mit ihrer positiven Energie. Sie kabbeln und necken sich und sind doch einander sehr verbunden und halten zusammen. Es macht viel Spaß, ihnen zuzusehen und ihren gesungenen Dialogen zu lauschen – die Freude springt sofort über. Mutter Gertrud, gespielt von Katja Pieweck, ist dabei das altmodische Bild einer sehr strengen – fast schon etwas bösartigen Mutter. Mit echtem Zorn begegnet sie den Kindern und scheucht sie rücksichtslos aus dem Haus, als sie selbst die Milchkaraffe in ihrer Wut zerschlägt. Vater Peter, gespielt von Vladimir Baykov, ist hingegen völlig unerwartet ein fröhlich singender und gutmütiger Mensch – wobei dieser Eindruck sicherlich durch seine leichte Trunkenheit hervorgehoben wird. Er ist quasi im Freudentaumel, da er nach einem guten Geschäft reichlich Lebensmittel kaufen konnte. Zuletzt ist noch die Knusperhexe, gespielt von Jürgen Sacher, besonders hervorzuheben. Als Kinderschreck mit langen knochigen Fingern und kratzig spitzer Stimme erfüllt sie alle ihr angedachten Klischees und bringt das nötige bisschen Übel und Gefahr auf die Bühne.
Lassen Sie sich und Ihre Kinder, Enkel oder Neffen märchenhaft verzaubern. Genießen Sie und lassen Sie sich erheitern von Gebrüder Grimms „Hänsel und Gretel“ in der Hamburger Staatsoper.
Malte Raudszus
Sehr geehrter Malte Raudszus,
Es war 250( ! )Hänsel und Gretel Vorstellung am 19.12 2016 an der Staatsoper Hambrug !
Und Gretel an dem Tag sang nicht Frau Ch.Gansch (sie war krank) sondern ist eingesprungen Vida Mikneviciute!!!(Bitte korregieren Sie diese Angaben!)
Mit besten Grüsse,
C.Bopp
Liebe Frau/lieber Herr Bopp,
vielen Dank für den Hinweis. Die Fehler sind bereits korrigiert.
F. Raudszus