In diesem Jahr hat das „Da Capo“-Varieté von James Jungeli zum 25. Mal sein Zelt auf dem Darmstädter Karolinenplatz aufgeschlagen, um die Bevölkerung Darmstadts und der Umgebung mit vorweihnachtlichem Varieté zu unterhalten. James Jungeli trägt dem generellen Trend bei solchen Veranstaltungen Rechnung, indem er den Unterhaltungseffekt stärker betont. Reine Akrobatik ohne „Drumherum“ kann man heute nicht nur im Fernsehen sondern auch im Internet bewundern, das Ambiente und die persönliche Atmosphäre kann man jedoch nur beim einer „Live“-Veranstaltung schaffen. Dazu gehören natürlich Nähe zum Publikum und direkte Ansprache der Zuschauer.
Die diesjährige Veranstaltung ist explizit als „Comedy-Dinner“ mit Sternekoch André Großfeld ausgewiesen. Um jedoch den Varieté-Teil nicht durch lukullisches Speisen zur Nebensache abzuwerten, hat James Jungeli das Dinner vor das Programm gelegt. Wer auf das Dinner verzichten will und erst zum Programm kommt, kann nur kulinarische Kleinigkeiten bestellen. Und das ist auch gut so!
Die akrobatischen Vorführungen hat Jungeli in diesem Jahr noch dichter in ein Unterhaltungskonzept eingebunden. Puristen des akrobatischen Varietés mögen das bedauern, aber diese Lösung sorgt für einen ganzheitlichen Auftritt, ohne deswegen die Artisten und ihre Leistungen abzuwerten. Jungeli erreicht das mit dem komödiantischen Duo“Die Kavaliere“, die sich hier Fritz und Anton nennen. Fritz spielt dabei die Rolle des ernsthaften Moderators mit gewandtem Auftreten und seriöser Eloquenz, während Anton den naiven, schwäbelnden Humorbolzen spielt, der keinen Fettnapf auslässt und seinen Kollegen mit seiner Geschwätzigkeit nervt. So kann Anton auch viel einfacher direkten Kontakt mit einzelnen Zuschauern aufnehmen, da er von seiner Rolle her sozusagen schon „Narrenfreiheit“ hat, und selbst im normalen Leben plumpe Annäherungsversuche oder kalauernde Witze kommen hier gut an, weil diesem Tolpatsch niemand etwas übelnehmen kann.
Doch nicht nur diese beiden Conferenciers sorgen für Witz und abwechslungsreiche Unterhaltung. Da ist außerdem noch der Franzose Mimi, der anfangs als übergewichtiger Hausmeister im Blaumann daherkommt und in gebrochenem Deutsch – natürlich mit französischem Akzent – über seine Liebe zum Varieté und seine Sehnsucht nach eigener artistischer Präsenz parliert. Natürlich muss ihn Fritz immer wieder einfangen und auf seine (angeblichen) Pflichten im „backstage“ hinweisen, doch das ficht Mimi nicht an. Er nutzt jede Möglichkeit zu akrobatischen Einlagen und spannt dazu sogar noch willige Zuschauer ein. Dabei zeigt er sich gar nicht so unsportlich wie gedacht, so dass der Verdacht nicht fernliegt, dass er seine – vermeintlichen? – Korpulenz künstlich aufgepolstert hat.
Der dritte humoristische Beitrag stammt von der Sängerin und „Entertainerin“ Manuela Horn, die ihre außergewöhnliche Größe noch bewusst durch hohe Plateauschuhe betont und damit alle Männer – Frauen sowieso – überragt. Sie liefert freche Liedtexte, die man leider durch die Begleitmusik und andere Nebengeräusche nicht an allen Plätzen gut versteht. Doch der Hintergrund dieser Lieder ist meist erotisch-frech, passend zu ihrem mondänen Auftritt, der mal im großen roten Abendkleid und mal im Domina-Kostüm erfolgt. Und wenn Manuela nicht erotisch daherkommt, jodelt sie in bester Manier, umtanzt von Tänzern in Lederhosen.
Diese drei Unterhaltungskünstler rahmen die akrobatischen Künstler abwechslungsreich und ausgesprochen kurzweilig ein, wobei jedoch auch die Artisten bemüht sind, ihren Vorführungen – soweit passend – humoristische Züge zu verleihen. Da „rapped“ ein Trio aus zwei Damen und einem Herren zu einschlägiger Musik, oder eine Umkleidekünstlerin wechselt in schneller Folge in Sekundenschnelle ihr Kostüm und strahlt dabei, als wäre das Ganze ein Kinderspiel. Die drei jungen Männer laufen die senkrechte Stange empor, stehen gegen alle Gesetze der Schwerkraft quer dazu und kreisen in überlappenden Bewegungen um sie herum. Dazu spielen sie noch die Angetrunkenen, was wegen der vermeintlich unkontrollierten Bewegungen eine besondere Herausforderung darstellt.
Dagegen ist die verliebte Pose des Akrobatenpaares an dem unter der Zeltkuppel hängenden Ring eher poetisch, und die jungen Asiaten mit den Gummigelenken präsentiert ihre aus einer Welt anderer physischen Voraussetzungen zu kommen scheinenden Verbiegungen mit tiefer Ernsthaftigkeit. Auch die vier jungen Männer auf der Wippe schleudern sich gegenseitig mit höchster Konzentration und Kraft in die Luft und liefern dabei noch mehrfache Saltos ab.
So vergeht die Zeit bei dieser temporeichen und originellen Mischung aus Akrobatik, Unterhaltung und Humor wie im Fluge. Und am Ende streuen die Künstler Konfetti unter das Volk und die schlanken jungen Tänzerinnen holen sich junge Männer aus dem Publikum, um mit ihnen zu tanzen. Da fragt man sich, wieso manche Männer erschreckt diese Aufforderung ablehnen. Hätte man den Rezensenten gebeten……..
Wer für diese Show noch keine Karten gebucht hat, sollte sich schnellstens an den Vorverkauf wenden. Das „Da Capo“ gastiert noch bis zum 31. Dezember auf dem Karolinenplatz.
Frank Raudszus
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