Eine einwöchige Rundfahrt durch ein arabisches Küstenland.
Während viele arabische Länder in Kriege verwickelt sind, Macht- und Religionskämpfe austragen, ist der Oman eine krasse Ausnahme geblieben. In dem südlich von Saudi-Arabien am Indischen Ozean und der Straße von Hormuz gelegenen Land leben Muslime, Christen, Hindus und Menschen anderer Glaubensrichtungen friedlich miteinander. Als Tourist fühlt man sich auf Anhieb wohl. Man wird überall freundlich gegrüßt und kommt schnell miteinander ins Gespräch, da viele Einwohner des Omans neben ihrer eigenen Sprache Englisch sprechen.
Es gibt ihn offensichtlich wirklich – den „guten Herrscher“. Sultan Quaboos regiert sein Land seit 45 Jahren und hat aus einem sehr einfachen, rückständigen Wüstenland einen modernen Staat des 20. Jahrhunderts geschaffen. Nur zwei Zahlen: Anfang der sechziger Jahre lebten in der Hauptstadt Maskat weniger als tausend Einwohner – meistens Fischer; heute ist es eine Millionenstadt, die überwiegend aus Neubauten besteht und keine Slums kennt. Große Entsalzungsanlagen mit landesweiten Ringleitungen versorgen das ganze Land mit Wasser und ermöglichen es der Bevölkerung, auch in entfernten Bergdörfern menschenwürdig zu leben. Gesegnet mit Erdgas, Öl und Bodenschätzen wie Kupfer, Eisen und „seltenen Erden“, konnte das Land unter Sultan Quaboos stets einen schuldenfreien Staatshaushalt vorweisen. Erst seit dem Verfall des Ölpreises musste der Oman dieses Jahr zum ersten Mal einen Kredit aufnehmen.
Der Oman kann auf eine kurze aber spannende Geschichte zurückblicken. Da die Straße von Hormuz zu seinem Hoheitsgebiet zählt, kann er theoretisch den Schiffsverkehr zu den Ölhäfen im Persischen Golf kontrollieren. Solange die Engländer den Golf als Protektorat beherrschten und der Iran mit den USA verbündet war, stellte dies kein Problem dar. Doch als sich die Engländer Anfang der sechziger Jahre aus der Region zurückzogen, entstand ein Machtvakuum, das die Sowjetunion auszunutzen versuchte. Der Süden des Omans wurde massiv mit kommunistischen Rebellen unterwandert, und das Ziel war, auf diesem Wege die Kontrolle über die Straße von Hormuz zu erhalten. Doch der Westen erkannte die Gefahr und unterstützte Sultan Quaboos massiv bei seinem Versuch, den Oman aus dem Mittelalter in eine moderne (westliche) Zukunft zu führen, was ihm nicht zuletzt wegen des (Öl-)Reichtums des Landes gelang.
Der Bevölkerung geht es gut. Sie zahlen weder Einkommen- noch Mehrwertsteuer, und Firmen müssen ihre Gewinne nur zu 15% versteuern. Die Bürger benötigen keine Krankenversicherung, sondern sind automatisch in das Gesundheitssystem eingebunden. Die Hauptstadt boomt; hier leben heute 1,2 Millionen Menschen. Es gibt ein königliches Opernhaus, bei dessen Eröffnung Placido Domingo auftrat. Auch Jonas Kaufmann war schon hier, und nach seinem Auftritt gab es zwanzig Minuten „standing ovations“.
Die „Große Moschee“ oder auch „Sultan Quaboos Moschee“ steht ausländischen Touristen offen. Sie ist ein Schmuckstück mit prächtiger Kuppel und weitläufigen, gepflegten Grünanlagen. Die Bauzeit betrug sechs Jahre. Der Teppich in der Moschee ist 4.300 qm groß und wurde im Iran von sechshundert Frauen – nur Meisterinnen! – in fünf Jahren geknüpft. Dabei wurden ausschließlich Naturfarben verwendet. Der große Kronleuchter wiegt acht Tonnen und wurde bei Swarowsky in Auftrag gegeben. Der Marmor stammt aus Carrara, alle Türbeschläge und Klinken aus Deutschland. Hier wurde nicht gespart und nur das Edelste vom Edelsten verwendet. Der Mangrovenpark von Muskat gilt als die „grüne Lunge“ der Stadt und wird daher sorgfältig gepflegt.
Muskat gilt als die drittsauberste Stadt der Welt. Siebentausend Gärtner sind mit der Pflege der Grünanlagen beschäftigt. Im Sommer herrschen hier über fünfzig Grad Hitze. Günstige Reisezeiten für Europäer sind die Monate von November bis März. Da sind die Außentemperaturen noch erträglich. Der Oman hat übrigens den besten Impfschutz der Welt.
Waren um 1970 noch siebenundachtzig Prozent der Bevölkerung Analphabeten, weil es keine Schulen gab, so liegt die Rate heute unter zehn Prozent. Seit 1976 haben Männer und Frauen die gleichen Rechte und Pflichten. Frauen finden sich heute in allen beruflichen Bereichen. Es gibt viele Ministerinnen, Flugkapitäninnen bei Air Oman und sogar Hubschrauberpilotinnen bei der Navy. Im Oman ist die Religionsfreiheit gesetzlich garantiert, es gilt allerdings ein absolutes Missionierungsverbot für alle Religionen.
In jedem Dorf im Oman gibt es Trinkwasser über ein ausgeklügeltes Leitungssystem sowie eine genormte Kläranlage. Strom wird von Gaskraftwerken erzeugt, daher sind keine Atomkraftwerke erforderlich. Für die Gesundheitsvorsorge stehen ein Arzt und eine Krankenschwester zur Verfügung, für die Bildung ein Lehrer. Regelmäßig gibt es den „Literature Village Check“, in der die Lese- und Schreibkompetenz der Bewohner überprüft wird. Die Dörfer, die am besten abschneiden, bekommen schon mal ein Fußballstadion oder haben andere Vorteile.
Frank Raudszus
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