Die Frankfurter „Kunsthalle Schirn“ präsentiert in der Ausstellung „Joan Miró. Wandbilder, Weltenbilder“ eine Auswahl des katalanischen Malers.
Zu ihrem 30. Geburtstag hat sich die Kunsthalle Schirn selbst ein Geschenk gemacht. Dank des internationalen Renommés der Kunsthalle und tatkräftiger Unterstützung gleich dreier regionaler Kulturstiftungen gelang es, verschiedene, in der ganzen Welt verstreute Werke des katalanischen Malers Joan Miró (1893-1993) für diese Ausstellung nach Frankfurt zu holen. Doch neben der finanziellen Unterstützung der Stiftungen sowie der engagierten und kompetenten Arbeit der Kuratorin Simonetta Fraquelli war vor allem die Einbindung von Joan Punyet Miró, des Enkels von Joan Miró, in das Projekt wichtig. Er betreut das künstlerische Erbe seines Großvaters und verfügt damit auch über den erforderlichen Einfluss bei den großen Museen und Privatsammlern, die Werke des Malers besitzen.
Joan Punyet Miró erschien deshalb auch persönlich zur Pressekonferenz am 25. Februar und erzählte von seiner Kindheit im Haus der berühmten Großvaters. Befragt nach seinen persönlichen Lieblingsbildern, wies er auf die drei großformatigen Gemälde „Blau I -III“ hin. Für ihn haben sie eine transzendente Ausstrahlung, ähnlich dem Gefühl, das man in großen Kathedralen empfindet, oder auch beim Anblick des katalanischen Himmels, wenn er in demselben Blau erstrahlt. „So many beautiful colours, so many beautiful, magical moments coming from these paintings„. Joan Punyet Miró meinte, sein Großvater wäre sicher sehr froh über diese Ausstellung, an der so viele „professionels“ mitgewirkt hätten.
Der Schwerpunkt dieser Ausstellung liegt – wie es der Titel bereits ausdrückt – auf den Wandbildern. Miró hat schon früh ein besonderes Interesse an den unterschiedlichen Ausprägungen von Oberflächen, speziell Wänden, entwickelt. Das schlägt sich exemplarisch in einem seiner berühmtesten Bildern nieder, dem „Bauernhof“, in dem er den Hof „Mont-roig“ der Familie Miró südlich von Barcelona abgebildet hat. Dieses Bild besticht durch seinen Detailreichtum einerseits und durch die fast naive Abstraktion andererseits. Trotz der Details wahrt Miró in diesem Bild die Sicht eines Kindes – er malte es im Alter von 28 Jahren – und empfindet den Zauber nach, den dieser Hof mit all seinen Tieren und Gegenständen auf das Kind ausgeübt hatte. Vor allem die Struktur der grob verputzten Hauswände mit ihren Alters- und Witterungsspuren hat Miró bis ins kleinste Detail wiedergegeben.
Dieses Bild dient sozusagen als „Türöffner“ der Ausstellung, empfängt es den Besucher doch an zentraler Stelle am Eingang und wirkt dadurch wie eine Botschaft. Daran schließen sich drei großformatige Schwarzweiß-Bilder an, die gerade diesen „Wandcharakter“ und abstrahierter Form zum Ausdruck bringen. Bereits hier beginnt man die Aussage Mirós zu verstehen, er wolle „die Malerei ermorden“, was nichts anderes bedeutet, dass er sich von den akademischen Regeln der Malerei lösen und seinen eigenen Weg finden wollte. Diese Absicht setzte er in den darauf folgenden Jahren und Jahrzehnten konsequent um, und die Ausstellung bezeugt dies vor allem im Hinblick auf großflächige Bilder, die immer wieder die Oberflächen in den Mittelpunkt stellen. Da findet man Bilder auf Hartfaserplatten, auf Sackleinwand oder sogar auf Sandpapier, und jeder Oberfläche gewinnt Miró eigene Charakteristiken und Wirkungen ab. Auch Sand, Teer und Erdreste finden sich auf den Bildern wieder, die dadurch ausdrucksvolle haptische Eigenschaften entwickeln, bis hin zu reliefartigen Gebilden.
Andere Bilder wiederum imaginieren durch reine Farbe geradezu spirituelle Wirkungen. So sehen viele Besucher in den Bildern der „Blau“-Serie den tiefblauen katalanischen Himmel, Miró hatte diese Farbe jedoch der typisch blauen Farbgebung vieler ländlicher Gehöfte nachempfunden, die aus ganz praktischen Gründen mit dem blauen Kupfervitriol gestrichen wurden. Der besondere Reiz dieser Bilder besteht in dem Kontrast der sparsamen roten Farbkleckse. Im weiteren Verlauf präsentiert die Ausstellung neben den bereits erwähnten Bildern auf unterschiedlichsten Materialien auch großformatige Wandbilder, die – teils als Entwürfe ortsfester Kunstwerke – ganze Raumwände einnehmen. Figurative Darstellungen findet man hier nicht, ja, die Bilder sperren sich trotz zum Teil konkreter Titel gegen eine narrative Vereinnahmung. In einigen Fällen scheinen die Titel fast ironisch mit dem Bildinhalt zu spielen, etwa in „Zwei Raubvögel“.
Die Pressekonferenz zur Ausstellungseröffnung gewann ihre besondere Bedeutung auch durch die Anwesenheit von Oberbürgermeister Peter Feldmann, der es sich als Aufsichtsratsvorsitzender der Kunsthalle nicht nehmen ließ, anlässlich des Schirn-Jubiläums die Bedeutung dieser Institution für Frankfurt und Hessen zu betonen. Angenehm für die anwesenden Pressevertreter war dabei, dass sich Feldmann auf seine Rolle als Oberbürgermeister und Aufsichtsrat beschränkte und nicht der Versuchung erlag, sich als Kunstexperte zu profilieren. Die inhaltlichen Aussagen über Künstler und Werke überließ er gerne den kompetenten Fachleuten, vor allem der Kuratorin Simonetta Fraquelli, die den Besuchern in einem gut verständlichen und lebendigen Englisch die wesentlichen Eckpunkte dieser Ausstellung nahebrachte.
Die Ausstellung ist vom 26. Februar bis zum 12. Juni. Näheres erfahren Sie auf der Webseite der Schirn.
Frank Raudszus
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