Martina Hefter: „Hey guten Morgen, wie geht es Dir?“

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Jupiter und Juno heißen die beiden Protagonisten des Romans „Hey guten Morgen, wie geht es Dir?“ von Martina Hefter, genau wie das höchste Götterpaar der römischen Antike. Die Autorin erhielt dafür den Deutschen Buchpreis 2024. In ihrem Roman sind allerdings nur die Namen der Helden göttlich, ihr Leben ist dagegen ein eher banales irdisches Dasein, das so gar nichts Göttliches an sich hat.

Jupiters Thron ist ein Rollstuhl, Junos Palast eine kleine Wohnung, und Jupiter kann sich mehr schlecht als recht mit dem Rollator durch die Wohnung bewegen. Juno liebt mit ihren fünfzig Jahren den Ballett-Tanz und geht regelmäßig zum Training, um an kleinen Performances teilnehmen zu können. Das ist ihr kleines Stück Freiheit, das sie sich neben der Sorge um Jupiter gönnt, der bei Arztbesuchen und anderen Aktivitäten auf sie angewiesen ist.

Dennoch arbeitet Jupiter als Schriftsteller und erhält hin und wieder einen Literaturpreis, der das schmale monatliche Budget etwas aufbessert. Die beiden haben sich in ihrem Alltag arrangiert. Dennoch belastet Juno die tägliche Sorge um ihren Mann, was vielleicht auch der Grund für ihre Schlafstörungen ist. Nacht für Nacht liegt sie hellwach im Bett und kommt nicht zur Ruhe. Ihre Gedanken kreisen stets um Jupiter. Wie geht es ihm im tiefsten Inneren? Wie kann sie ihm eine kleine Freude bereiten? Wie können sie sich ihre liebevolle Nähe bewahren?

Eines Tages stößt Juno auf die Geschäftsidee der „Love Scammer“, die im Internet einsame ältere Damen kontaktieren, sie mit Liebesschwüren beglücken und schließlich um viel Geld betrügen. Juno durchschaut das Spiel sehr schnell, und als sie selbst einen Scammer aus Nigeria kennenlernt, beschließt sie, den Spieß umzudrehen. Sie lügt das Blaue vom Himmel herunter, und der Scammer Benu tut wahrscheinlich dasselbe. Er findet sie witzig, mag ihren Humor, erzählt von sich, dass er täglich kifft, nicht arbeitet und bei seiner Familie lebt. Auch hier kreisen zwei Planeten aus zwei völlig verschiedenen Kulturen umeinander. Für beide sind die Chats Auszeiten von ihrem im. Grunde langweiligen Leben. Sie beginnen, sich füreinander zu interessieren, doch Juno erkennt als reflektierende Frau, dass sie Benu mit ihren Lügen ausnutzt. Es ist nicht sie, die da über sich spricht, sondern eine von ihr erfundene Kunstfigur. Und Benu? Er möchte gerne an das Geld dieser europäischen Frau und spielt ihr deswegen ernsthaftes Interesse vor.

Der Roman setzt sich einerseits mit Krankheit und Alter und andererseits mit der Beziehung eines älteren Paares auseinander. Da wird nichts beschönigt, und man kann von großer Mühsal der beiden irdischen Göttergestalten sprechen. Kleine Fluchten wie der Ballett-Tanz oder die Schriftstellerei machen den Alltag erträglich. Der Blick auf die Lebensverhältnisse in Nigeria macht Juno zwar neugierig, und gerne würde sie darüber mehr erfahren. Doch selbst will sie sich nicht wirklich darauf einlassen.

Der Roman liest sich gut und reflektiert verschiedene Lebenswirklichkeiten. Die Autorin sendet aber auch eine Botschaft an die Leser, dass wir uns so lange lebendig fühlen, wie wir uns Aufgaben stellen oder, wie Hefter selbst sagt: „Solange ich spiele, passiert nichts“. Deswegen müssen wir immer weiterspielen.

Das Buch ist im Verlag Klett-Cotta erschienen, umfasst 222 Seiten und kostet 22 Euro.

Barbara Raudszus

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