William Faulkner: „Licht im August“

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William Faulkner war ein US-amerikanischer Schriftsteller der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, der im Wesentlichen die Lebensumstände und die Weltsicht der Südstaaten thematisierte. Religiöse Bigotterie, Rassismus und die kargen Lebensverhältnisse der Region stehen im Mittelpunkt seiner Romane.

„Licht im August“ beginnt mit dem mehrtägigen Fußmarsch der jungen, schwangeren Lena von Alabama nach Jefferson, Mississippi, um dort ihren angeblich auf sie wartenden Freund Lucas zwecks Heirat zu treffen. Parallel dazu wird die Geschichte zweier junger Männer erzählt, die kurzfristig in einem Sägewerk in Jefferson arbeiten, dann aber verschwinden. Der eine von ihnen, Joe Christmas, wurde als Findelkind an einem Weihnachtsabend um 1900 vor einer Kirche abgelegt, während der andere sich bald als der unwillige Vater entpuppt, der sich seinen Verpflichtungen durch Namensänderung entzogen hat.

Doch hier geht es nicht um das Drama der jungen Frau, sondern im Mittelpunkt der Geschichte steht Joe, dessen dem Funddatum entlehnter Nachname zusammen mit dem Vornamen nicht zufällig an Jesus Christus erinnert. Dazu passt auch die Wanderung der hochschwangeren Lena.

Am Tage von Lenas Ankunft in Jefferson brennt dort ein abgelegenes Anwesen, in dem kurz darauf die Leiche einer allein lebenden Frau gefunden wird, die wegen ihrer Yankee-Herkunft und ihres Eintretens für Schwarze abgelehnt wurde. Es stellt sich heraus, dass Joe und Lucas in einer Hütte auf ihrem Grundstück gewohnt haben und Joe sogar ein Verhältnis mit seiner Vermieterin hatte. Da er verschwunden ist und Lucas ihm sofort den Mord anhängt, wendet sich die Aufmerksamkeit des Romans jetzt dem flüchtigen Joe zu.

In langen Rückblenden aus Joes Sicht selbst und aus Erzählungen anderer schält sich sein dreißigjähriges Leben heraus. Als Waisenkind aus der relativen Geborgenheit des Heims bereits als kleiner Junge abgeschoben, weil er unfreiwillig Zeuge verbotener Liebesspiele wurde, landet er als Adoptivkind bei einem fanatisch christlichen Farmer, der ihn mit harter Arbeit, religiösen Ermahnungen und brutalen Strafen zu einem guten Christen erziehen will. Als er sich als Achtzehnjähriger in eine Prostituierte verliebt, kommt es zum Streit, bei dem er seinen Adoptivvater niederschlägt und verschwindet. Die nächsten zwölf Jahre tingelt er von Job zu Job durch die Südstaaten und landet schließlich bei der einsamen Frau in Jefferson. Der Leser weiß jedoch, dass seine Geliebte ihn aus religiösem Wahn in einen gemeinsamen Suizid ziehen wollte und er ihr wohl nur zuvorgekommen ist.

Die Religion wird auch am Beispiel des ehemaligen Reverend Hightower thematisiert, der einst wegen des ungeklärten Todes seiner Ehefrau und seiner wegen einer seltsamen Fixierung auf seinen eigenen Großvater wahnhaften Predigten seine Stelle verlor und sich nun als Privatier in einem abgelegenen Haus durch das langsam ablaufende Leben schlägt. Er wird immer wieder zur Anlaufstation verschiedener Mitbürger, die ihn um Lebensrat bitten und ihn damit jedesmal in schwierige Situationen bringen. Ihn ihm kämpft eine übersteigerte Religiosität mit einer durchaus pragmatischen Weltsicht.

Und dann ist da noch der Vorarbeiter Byron in dem Sägewerk, der alle Beteiligten kennt und einschätzen kann. Er verliebt sich in Lena, sie aber hängt immer noch an dem windigen Lucas, der wiederum kein Interesse an Lena und dem Kind hat. Viel wichtiger sind ihm die tausend Dollar, die für Hinweise auf den Mörder der Frau in dem brennenden Haus ausgesetzt sind. Byron, anfangs eine Nebenperson, wird plötzlich zum Dreh- und Angelpunkt des Romans, wenn sich die Ereignisse um Joe und Lucas überschlagen.

Dabei geraten auch noch Joes Großeltern ins Bild, die ihn wiedererkennen. Der Großvater hatte das uneheliche Kind seiner Tochter in religiösem Fanatismus als „Werkzeug des Teufels“ ausgesetzt und seine „sündige“ Tochter bei der Geburt sterben lassen. Außerdem verfolgte er heimlich den Werdegang des Waisenkinds und trichterte ihm seine sündhafte Herkunft sowie eine angebliche „Neger“-DNA ein, die diesen bis zu seinem frühen Ende zutiefst verunsicherte.

Diese weitläufige, von Hass und Vorurteilen geprägte Welt inszeniert das Hörbuch als gelesenes Hörspiel . Die Szenen werden meist im deutschen Originaltext vorgelesen und gleichzeitig im Hintergrund szenisch untermalt. Das schafft zwar Zeit- und Lokalkolorit, führt aber streckenweise zu Unverständlichkeit, wenn gelesener und gespielter Text um die Aufmerksamkeit des Hörers kämpfen. Die Musik von Pierre Oser schafft eine verlorene Atmosphäre, in der die Einsamkeit und Verlorenheit der Menschen zum Ausdruck kommt. Hier führt jeder sein Leben seelisch meilenweit von seinen Mitmenschen entfernt ganz alleine für sich, und selbst die Ehen, in der christlichen Religion eigentlich die Keimzelle der Familie, sind geprägt von Unverständnis, Unterdrückung und Hass. Wer dieses aus dem frühen 20. Jahrhundert stammende Werk eines Südstaatenautors hört, kann sich vorstellen, warum gerade dort ein Donald Trump Triumphe feiert.

Das Buch ist bei Hörbuch Hamburg erschienen, umfasst acht CDs mit einer Gesamtlaufzeit von siebeneinhalb Stunden und kostet 9,89 Euro.

Frank Raudszus

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