Sven Stricker stellt seinem eigentlichen Kriminalroman einen Prolog voran, in dem er den Leser auffordert, sich in eine junge Frau, Swantje, hineinzuversetzen. Sie ist 21 Jahre alt und lebt auf einem Bauernhof mit ihren Eltern. Was sie von der Welt sieht, sind Schafe, Kühe, Windräder und der Deich. Alles erscheint ihr öde, und in der Schule ist sie oft das Mobbingopfer. Daher ist sie viel im Internet unterwegs, während ihre Eltern hauptsächlich mit sich selbst und ihrer Arbeit beschäftigt sind.
Eines Tages fragt sie ein Typ aus dem Dorf, ob sie mit ihm auf das Dorffest gehen will. Erst möchte sie es gar nicht glauben, da ihr der junge Mann namens Malte gefällt. Aber die Freude überwiegt die Skepsis, und sie sagt zu. Doch könnte das der furchtbarste Abend ihres Lebens werden. So sollen es sich die Leser und Leserinnen vorstellen, und damit könnten sie durchaus Recht haben.
Kommissar Sörensen leidet unter einer Angststörung, kümmert sich um seinen gebrechlichen alten Vater und soll darüber hinaus noch einen schrecklichen Fall aufklären: in Katenbüll war endlich mal etwas los. das Einkaufszentrum hatte zu einem Jubiläumsfest eingeladen, und das ganze Dort traf sich dort, um Spaß zu haben. Doch auf dem Höhepunkt des Festes raste ein weißer KIA in die Menschenmenge, und es gab Tote und Verletzte. Am Steuer saß die tote Swantje. Bei der Amokfahrt wurde überdies auch Sörensens Vater schwer verletzt.
Sörensen und seine Kollegin Jennifer Holstenbeck machen sich an die Ermittlungsarbeit und finden bald heraus, dass alles, was auf den ersten Blick so offensichtlich erschien, nicht stimmig ist. Dabei blättert der Autor ein ganzes Panorama der Kleinstadtgemeinschaft auf: Machtgier, zerbrochene Beziehungen, Sehnsucht nach Anerkennung, Krankheit, Eltern-Kind-Probleme, Pubertät…. Alles, was das Zusammenleben von Menschen mit sich bringt, spielt für die Lösung dieses Falles eine Rolle. Viele falsche Fährten tun sich auf, bis endlich eine außergewöhnliche Spur zum Täter führt. Sörensen setzt sich dabei immer wieder in die Nesseln, weil er zu spontan reagiert, und muss häufig zurückrudern. Er ist eben auch nur ein Mensch. Besonders deutlich wird seine Unzulänglichkeit in einer grotesken Liebesszene mit seiner Kollegin Jennifer, in der so ziemlich alles schiefgeht, was schiefgehen kann. Und wie sieht Sörensen den Sinn des Lebens? Sehr realistisch: „Anfangen, mitmischen, abtreten“.
Sven Stricker gelingt mit seinem Kriminalroman „Sörensen sieht Land“ eine gute Mischung aus Spannung, Authentizität der Protagonisten, Lokalkolorit, viel Humor, Sprachwitz und einem spannungsgeladenen, glaubwürdigen Plot.
Das Buch ist im Rowohlt-Verlag erschienen, umfasst 504 Seiten und kostet als „ro ro ro“-Taschenbuch 12 Euro.
Frank Raudszus
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