„I´m old fashioned“ – „ich bin altmodisch“: so lautet der Titel eines Jazz-Klassikers aus dem amerikanischen REAL-Songbook. Was Komponist und jeweiliger Sänger damit damals anhand von Alltagssituationen zum Ausdruck brachten, gilt nun auch für die Musik selbst. Die besagten Jazz-Standards gehören heute nicht mehr zum Repertoire angesagter Bands, sondern werden nur noch von Jazz-Kennern und -freunden geschätzt, die halt „old fashioned“ sind. Das Staatstheater Darmstadt gibt dieser Retro-Lust in Gestalt eines musikalischen Abends in der Bar der Kammerspiele die Gelegenheit, sich aktiv und passiv auszuleben.
Die Aktiv-Teilnehmer sind Schauspieler und „Entertainer“ Hubert Schlemmer, der den Gesangspart übernimmt, sowie die Darmstädter Jazz-Größen Ulrich – „Uli“ – Partheil am Klavier und Udo Brenner am Bass. Also eine richtig klassische „unplugged“-Konstellation. Das Publikum übernimmt den passiven Teil des Abends und genießt den durchaus nostalgisch gefärbten Retro-Sound, den allerdings immer wieder die temperamentvollen und technisch anspruchsvollen Soli von Uli Partheil und Udo Brenner aufmischen. Hubert Schlemmer ist dann dafür zuständig, die vielfältigen Liebeslieder – denn darum geht es immer wieder – auf mal träumerische, mal resignierende, mal hoffnungsvolle Weise zu interpretieren. Da ertönen dann – neben anderen bekannten Songs – die Titelmelodie, die den Zweck dieses Abends so schön widerspiegelt, „Secret Love“ mit seiner stillen Absage an eine große Liebe oder der etwas träumerische Rückblick auf „These Foolish Things“ einer großen Liebe. Schlemmer verleiht diesen Texten genau das richtige Timbre, und damit der Abend dann doch nicht in seliger Nostalgie versinkt, servieren seine beiden Begleiter immer wieder dynamische Einlagen, die dem Jazz zu seinem Recht verhelfen.
Hubert Schlemmer sorgt mit launigen Überleitungen und verhaltener Selbstironie für den notwendigen Humor, und vor allem Uli Partheil kontert auch schon mal schlagfertig vom Klavier.
Die Stunde an der Bar der Kammerspiele vergeht zu schnell, und man hätte sich gerne noch ein paar Lieder mehr gewünscht. Doch jeder Abend geht nun mal zu Ende – auch dieser.
Frank Raudszus
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