Der Erzähler dieses Romans lebt in Mailand, wo er das Studium des Lehramts absolviert hat. Er war der erste in der Familie, der überhaupt studiert hat, findet jetzt aber keine Stelle. Er beschreibt sich hier in seiner Rolle als Sohn und Enkel. Sein Großvater ist heute noch Analphabet und hat mit vierzehn Jahren angefangen zu arbeiten, der Vater seinerseits mit fünfzehn Jahren. Die beiden Älteren haben kein Verständnis für den Studenten, der seine Zeit mit Lesen – also Nichtstun – verbringt. Abschlüsse wie Diplom oder Master wurden nach der Meinung des Großvaters nur erfunden, um die Familien zu ruinieren und den jungen Leuten die Lust an der Arbeit auszutreiben.
Großvater Leonardo und Großmutter Anna haben den Enkel großgezogen. Sie behüteten ihn, kontrollierten die Hausaufgaben und packten mit ihm den Ranzen, bis abends die Eltern von der Arbeit kamen, um ihn abzuholen. So entstand zwischen Enkel und Großvater eine enge Bindung, die sich auch nach dem abgeschlossenen Studium noch erhalten hat. Ganz anders ist das Verhältnis zum Vater. Hier herrscht Sprachlosigkeit.
Als der Großvater eines Tages den Wunsch verspürt, nach Apulien zu reisen, wo er noch eine Wohnung besitzt, begleiten ihn Sohn und Enkel dorthin. Früher war es der Sommersitz der Familie, wo man die heißen Sommermonate am Meer verbrachte. Doch über die Jahre, als die Kinder groß wurden, fuhr man nicht mehr dorthin. Die Wohnung stand über Jahre leer, Tauben nisteten sich dort ein, und der Putz fiel von den Wänden. Im Dorf selbst wurde noch der alte apulische Dialekt gesprochen, heute allerdings nur noch von den Alten. Das bäuerliche Leben in Apulien hat keine Gemeinsamkeiten mehr mit dem heutigen Leben in Mailand.
Während der Großvater noch einmal auf Spurensuche in seinem alten Heimatdorf geht, hasst sein Sohn die Rückständigkeit, die Armut und den Schmutz. Der Enkel hat durchaus noch positive Erinnerungen an die Zeit mit den Großeltern dort, bemerkt aber auch, dass er hier nicht mehr hinpasst. All das spürt auch der Großvater Leonardo. Auch er kann die Zeit nicht zurückdrehen und festhalten, so gerne er es auch täte.
Balzanos Thema ist die Vergänglichkeit. Alles hat seine Zeit. Irgendwann werden die Alten, die so rührend Kinder und Enkel aufgezogen haben, aussortiert. Eine neue Epoche hat begonnen, die das Alte ziemlich gnadenlos hinwegfegt.
Das Buch ist im Diogenes-Verlag erschienen, umfasst 236 Seiten und kostet 12 Euro.
Barbara Raudszus
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