Wer vor einigen Jahren die fünfte Verfilmung von ‘The Great Gatsby‘, nach dem Roman von F. Scott Fitzgerald, mit Leonardo die Caprio gesehen hat, dem wird wohl ein nachhaltiger Eindruck geblieben sein. Umso schwieriger mag es erscheinen, dieses Werk nun erneut auf der Bühne eines Theaters zu präsentieren und ebenso einen charakteristischen Eindruck zu erzielen. Dieser Aufgabe hat sich das Landestheater Detmold unter der Intendanz von Georg Heckel gestellt. Matthias Kaschig inszeniert das Schauspiel von Rebekka Kricheldorf, das 2012 in Hamburg uraufgeführt wurde und nun mit seiner Premiere am Freitag, den 26. September 2021 in Detmold reüssiert.
Im Zentrum des Werks steht die unerfüllte Jugendliebe von Jay Gatsby [Adrian Thomser] zur schönen Daisy [Alexandra Riemann], die sich mangels eines Vermögens seinerseits dann doch für die Ehe mit dem reichen Sportler Tom [Patrick Hellenbrand] entschieden hat. Viele Jahre später taucht Gatsby als Selfmade Millionär, scheinbar mustergültig nach dem American Dream – jeder kann es schaffen –, in Long Island bei New York auf und bezieht eine der prachtvollsten Villen in der Nachbarschaft von Daisy und ihrem Mann Tom. Seine Strategie, ein Treffen mit Daisy zu arrangieren, möchte er indirekt aber nicht gerade unauffällig umsetzen. Er veranstaltet die größten und spektakulärsten Feste auf ganz Long Island, der mit Abstand nobelsten Wohngegend in der Umgebung von New York. Jedoch scheint sein Plan nicht aufzugehen, und er muss sich der Hilfe des recht armen Cousins von Daisy, Nick [Justus Henke], bedienen, der zufällig in seine unmittelbare Nachbarschaft gezogen ist. Nick wird derweil aber auch von Tom vereinnahmt, der schlicht jemanden braucht, dem er all seinen Reichtum zeigen kann, da ihn sein gewöhnliches Leben, obwohl wenig gewöhnlich, doch zu langweilen scheint. Prägendes Highlight ist der Schlagabtausch zwischen Gatsby und Tom um die Gunst von Nick, die sie aber beide gänzlich für sich beanspruchen. Daisy selbst hat jeden Bezug zur Realität verloren und vegetiert in ihrem Reichtum ziellos umher.
Die Bühne von Flurin Borg Madsen ist abstrakt. Nick schiebt ein kleines Torelement vor sich her, welches seine bescheidene Absteige darstellt. Im Hintergrund, in leuchtendes Grün gehalten, sind Baukörper und eine Treppe, die sowohl für die Villa von Gatsby als auch das Anwesen von Tom und Daisy stehen. Plastisch erkennt man den Reichtum hierbei nicht, aber offensichtlich ist dieser letztlich auch so selbstverständlich wie irrelevant, dass es keiner opulenten Ausprägung bedarf.
Die Kostüme von Kerstin Grießhaber sind bemerkenswert passend auf die Charaktere abgestimmt. Herausragend ist der Einsatz von gleichartigen weißen Perücken, die die Augen verdecken und wiederkehrend zum Einsatz kommen. Sie sollen wohl die Monotonie und geistige Leere des Reichtums symbolisieren.
Als ganzes verspricht „Der Große Gatsby“ ein launisches Schauspiel, teils mit lauter Musik unterstrichen, dass dem Publikum durchaus etwas abverlangt. Aber das Narrativ ist spannend und prägnant dargestellt. Zum Wachrütteln nach langer kulturarmer Zeit verspricht es einen abwechslungsreichen theatralischen Wiedereintritt!
Malte Raudszus
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