Stefanie vor Schulte entwickelt in ihrem Erstlingswerk die Romanidee aus einem Gemälde, das den Einband eines Romans schmückt und einen Jungen mit einem schwarzen Hahn darstellt. Wer könnte dieser Junge sein? Wann und wo könnte er gelebt haben? Sie lässt den Roman in einer Zeit spielen, die von Rechtlosigkeit und Armut geprägt ist. Die Menschen kämpfen täglich um ihr Überleben. Satt sein, glücklich sein, etwas für die Zukunft zurücklegen, die Kinder in Schulen ausbilden – all das gibt es hier nicht.
Der kleine Martin ist der einzige Überlebende einer größeren Familie, die der Vater eines Tages aus Verzweiflung mit dem Beil erschlagen hat.
Im Dorf kümmert sich niemand um ihn. Die Menschen haben eher Angst, dass sich sein Unglück auf sie übertragen könnte. Einzig ein Maler, der die Kirche im Dorf ausmalen soll, hat Mitleid mit dem Jungen und sieht in dessen Augen so etwas wie menschliche Größe. Deshalb nimmt er ihn als Modell für den Christus.
Im Roman muss Martin viele Abenteuer bestehen und wächst dabei zu menschlicher Größe. Aber seine eigentliche Aufgabe besteht darin herauszufinden, wer die wilden Reiter sind, die überall Kinder entführen, und was mit diesen Kindern passiert. Die übelste Gestalt in diesem Roman ist die Fürstin, die nur ihren eigenen kranken Egoismus auslebt und gar nicht merkt, wie ihr Volk darbt, hungert und verroht. Sie ist es auch, die die Aufträge für die Kindesentführungen erteilt. Martin muss nun selbst an seine äußersten Grenzen gehen, um die Kinder zu befreien.
Das ist alles sehr eindringlich beschrieben. Martin und die Fürstin bilden krasse Gegensätze. Während er – wie sein Vorbild Christus – das Gute will, ist die Fürstin geprägt von Eitelkeit und überhaupt nicht lernfähig, geschweige denn ihrer Aufgabe als Landesfürstin gewachsen. Doch bei aller Grausamkeit und Hoffnungslosigkeit lässt der Roman am Ende einen positiven Ausblick auf die Zukunft zu.
Das Buch ist im Diogenes-Verlag erschienen, umfasst 227 Seiten und kostet 22 Euro.
Barbara Raudszus
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