Georg Friedrich Händels „Wassermusik“ und „Feuerwerksmusik“ gehören zu den berühmtesten Werken des Barockzeitalters und sind heute noch sichere Repertoire-Renner, wo es um klangliche Pracht und Präsenz geht. Im Rahmen des Rheingau-Musik-Festivals boten sie sich geradezu für eine Aufführung in der Basilika von Kloster Eberbach an. Dazu hatte man das französische Barock-Ensemble „“Le Concert Spirituel“ unter der Leitung von Hervé Niquet eingeladen, das als besonders kompetent für die Interpretation von Barockmusik gilt.
Doch offensichtlich hatten sich Niquet und seine Musiker vorab nicht intensiv mit den Gegebenheiten der Basilika von Kloster Eberbach beschäftigt. Der hohe Innenraum mit den harten Steinwänden schafft eine spezielle Akustik, die wegen der starken Hall-Effekte vor allem für komplexere Orchestermusik problematisch ist. Das scheint Händels beiden „Pracht“-Werken intuitiv keine Probleme zu bereiten, da sie eher repräsentative Musik mit homophoner Grundstruktur bietet, doch beim Tempo muss man aufpassen.
Das französische Barock-Ensemble bevorzugt offensichtlich forcierte Tempi, was sich leider mit der Akustik der Basilika gar nicht verträgt. Von Beginn an verschwammen die Klänge der Instrumentengruppen wegen des hohen Tempos zu einem Klangbrei, der kaum noch Transparenz der einzelnen Stimmen bot. Die Echos der Kirchenwände verschmolzen mit dem Originalklang zu einem undifferenzierten Klangbild ohne jegliche Kanten, das eher wie eine Radio-Übertragung mit atmosphärischen Überlagerungen als einer Live-Aufführung glich. Dazu kamen in der Wassermusik eklatante Intonationsschwächen der Blechbläser, vor allem der Trompeten, die in den forcierten Stellen teilweise einen Viertelton daneben zu liegen schienen. Auch die Einsätze nach Fermaten oder Generalpausen kamen nicht immer exakt gleichzeitig. Insgesamt wirkte diese Interpretation überhastet und unkonzentriert, wobei nie recht klar wurde, welchen Anteil die – nicht beachtete – Akustik der Basilika und welchen die mangelnde Präzision des Orchesters hatten. Dabei mag auch das Dirigat Hervé Niquets eine Rolle gespielt haben, das bisweilen mehr der Selbstinszenierung des „Maestro“ als einer konzentrierten Interpretation von Händels Musik zu dienen schien.
Positiv hervorzuhaben sind allerdings die Flöten in der dritten Suite, und hier vor allem die Flötistin Héloise Gaillard, die ihren Part mit viel Inbrunst und musikalischem Feingefühl vortrug.
Die für den Schluss vorgesehene Instrumentalversion des Larghettos „Ombra mai fù“ aus der Oper „Xerxes“ wurde aus guten Gründen zwischen die beiden großen Werke vorgezogen und bot der Solistin Héloise Gaiilard noch einmal die Gelegenheit zu einem überzeugenden Solo-Auftritt.
Für die „Feuerwerksmusik“, die den Abschluss des Abends bildete, gilt prinzipiell das Gleiche wie für die Wassermusik. Zwar traten keine Intonationsschwächen der Blechbläser mehr auf, doch das auch hier für die lokale Akustik zu hohe Tempo sorgte wiederum zu verschwommenen Klangbildern, die zu einer deutlichen Minderung der ästhetischen Wirkung führten. Zwar darf man annehmen, dass es dem damaligen Auftraggeber, König Georg II. von England, hauptsächlich um Lautstärke und musikalische Prachtentfaltung ging, aber die heutigen Anforderungen, da die Aufführung nicht mehr im Freien bei einem hohen Pegel von Nebengeräuschen und Wettereinflüssen stattfindet, setzen doch andere Maßstäbe. Hier und jetzt erwartet das Publikum exaktes Musizieren und vor allem ein zumindest angemessen transparentes Klangbild. Schmetternde Blechbläser, rauschende Streicher und donnernde Pauken reichen nicht, wenn das Ganze im Echo der Basilika-Wände zu einem Mischmasch der Klänge führt. Verhaltenere Tempi und etwas zurückgenommene Lautstärken hätten der Aufführung in diesem Umfeld sicherlich wesentlich besser zu Gesicht gestanden.
Das Publikum bedankte sich nach einem Jahr Corona-Abstinenz dennoch mit kräftigem Beifall.
Frank Raudszus
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