Der Kabarettist Marc Uwe Kling ist mit seinem Büchern zu einer Art Kultautor vor allem der jüngeren Generation avanciert. Er bedient sich einer „jugendgerechten“ Sprache („Ey, voll geil!“) und kumuliert nach Belieben grotesk-schräge Situationen und Konstellationen.
In „Quality Land 2.0“ setzt er seine ersten Bücher mit dem identischen Personal fort, dass durchweg vordergründig symbolhafte Namen wie „Peter Arbeitsloser“ oder „Kiki Unbekannt“ trägt. Ersterer ist zum Maschinentherapeut ernannt worden und muss nun traumatisch belastete Roboter und andere intelligente Maschinen betreuen, letztere ist auf einer detektivischen Suche nach bestimmten Personen und achtet darauf, ihrem Namen bezüglich ihrer Herkunft und ihrer Absichten Ehre zu machen. Quality Land ist eine Dystopie in nicht allzu ferner Zukunft, in der alle Bewohner des Landes entweder überwacht werden oder, was viel einfacher ist, sich mithilfe verschiedenster elektronischer Geräte selbst überwachen. Die entsprechenden Daten liegen natürlich alle in der „Cloud“ zwecks Auswertung durch staatliche Autoritäten.
Erotische Beziehungen werden hauptsächlich per Smartphone bzw. deren Nachfolgern geführt, überarbeitet und die Daten, zum Beispiel Fotos, nach Bedarf automatisch an die derzeitige Beziehungslage angepasst. Man wohnt in fensterlosen Wohnungen von zehn Quadratmetern und verlässt sie wegen der Hitze draußen nach Möglichkeit nicht. Der Klimawandel hat alle total überrascht!
Diese Ausgangslage könnte Stoff für eine wirklich kritische Handlung à la David Eggers´ „The Circle“ liefern, doch Kling geht es nicht um eine kritische Analyse der derzeitigen „conditio humana“ sondern in erster Linie um schräge Gags und pausenlose verbale Unterhaltung der Leser bzw. Hörer. Jeder Satz muss eine schräge Überraschung liefern, wobei die grelle Originalität der Idee wichtiger ist als das kritische Potential dahinter. Ganz offensichtlich spricht er ein Publikum an, dass einerseits den permanenten Trip auf der schnellen Humorbahn sucht und andererseits das Bedürfnis nach distanzierter Überlegenheit bedient sehen will. Mehr oder minder feine Ironie weicht der grellen Satire, die eine möglichst allumfassende Verachtung der Welt dokumentiert.
Das schlägt sich auch in der Sprache nieder, die mit Stereotypen wie „Wie geil ist denn das“ arbeitet und für eine mehr oder weniger inhaltsleere Dauerspannung sorgt. Da diese Selbstzweck ist, verschwindet die eigentliche Handlung dahinter, das heißt, das technische oder gesellschaftliche Ambiente des Augenblicks ersetzt eine tiefer gehende Beschäftigung mit den zu kritisierenden Zuständen.
Am Ende verliert der Hörer die Übersicht über die belanglose und unzusammenhängende Handlung und fühlt sich durch das Trommelfeuer der nur scheinbar „coolen“ Formulierungen nur noch genervt. Wer das Zudröhnen mit „echt geilen“ verbalen Versatzstücken liebt, der findet an diesem Hörbuch sicher ein humoristisches Vergnügen, für andere jedoch reicht die Geduld nicht bis zur zweiten CD.
Das Hörbuch ist bei HörbucHHamburg erschienen, umfasst 8 CDs mit einer Gesamtlaufzeit von 586 Minuten und kostet 19 Euro.
Frank Raudszus
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