Der provokante Titel dieses Buches macht deutlich, worum es der Autorin in ihrem Roman geht, Alle möglichen Frauenprobleme der Japanerinnen werden hier angesprochen. Das Schönheitsideal in Japan ist die europäische Frau mit ihren – beispielsweise – hellrosa Brustwarzen. Die der Japanerinnen sind tief dunkelbraun. Um sich dem europäischen Schönheitsideal anzunähern, lassen sich viele junge Frauen ihre Warzen bleichen, was mit höllischen Schmerzen verbunden ist. Auch sind die Brüste der Japanerinnen sehr flach und klein, und viele Frauen denken daher über eine Vergrößerung ihrer Brüste nach.
Der Roman widmet sich in langen Passagen der Gedankenwelt Makikos, die alles über Brustvergrößerung im Internet recherchiert und sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt. Was es für die einzelne Frau bedeutet, diese Schönheitsoperation durchzuführen, bestimmt lange ihre Gedankenwelt.
Ihre pubertierende Tochter Midoriko bekommt die Seelenqual ihrer Mutter hautnah mit und ist gar nicht mit dem mütterlichen Projekt einverstanden. Die Verwandlung vom Kind zur Frau und die Unfähigkeit, ihre Ängste und Sorgen mitzuteilen, lassen das junge Mädchen gänzlich verstummen.
Immer wieder begegnet der Leserin die Sprachlosigkeit der japanischen Frauen, wenn es um echte Probleme geht. In Japan hat man zu funktionieren; Gewohntes kritisch zu hinterfragen stößt bei Freundinnen und auch in der Beziehung zwischen Mutter und Tochter auf Unverständnis. Noch schwieriger ist die Kommunikation zwischen Männern und Frauen.
Neben Makiko und Midoriko lernen wir beim Lesen auch Makikos Schwester Natsume kennen. Sie lebt allein, hat keine Familie und arbeitet als Schriftstellerin. Bei ihr kommt in der Lebensmitte der Wunsch nach einem Kind auf. Da sie sich selbst als asexuell bezeichnet – also kein Bedürfnis nach Sex verspürt -, ist es natürlich schwierig für sie, schwanger zu werden. Auch hier, wie schon beim Thema Brustvergrößerung, erleben wir Leser alle Gedankengänge und Recherchen der Autorin zum Thema Samenspende mit. Wir nehmen teil an der Empörung und Ablehnung ihrer Schwester zu dem Thema, und auch ihre Freundin hat kein Verständnis dafür, dass Natsume sich ihren Kinderwunsch durch einen Samenspender erfüllen will.
Der Roman von Mieko Kawakami ist unbedingt lesenswert, stellt er doch mit großer Ehrlichkeit die Probleme und Sorgen japanischer Frauen in den Mittelpunkt. Längere Passagen äußerer und innerer Dialoge lassen die Figuren lebendig, aber auch einzigartig erscheinen. Hier werden keine Klischees verbreitet, sondern wirkliches Leben erzählt. Das Spannungsfeld zwischen dem Erwartungshorizont der japanischen Gesellschaft und den Problemen der Protagonistinnen lässt sich gut nachvollziehen und erklärt gleichzeitig das Scheitern und die Einsamkeit der Frauen.
Das Buch ist im Dumont-Verlag erschienen, umfasst 495 Seiten und kostet 24 Euro.
Barbara Raudszus
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