Julia Ebner, Radikalisierungsmaschinen – Wie Extremisten die neuen Technologiern nutzen und uns manipulieren

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Julia Ebner analysiert in ihrem Buch „Radikalisierungsmaschinen – Wie Extremisten die neuen Technologien nutzen und uns manipulieren“, wie auf Social-Media-Plattformen extremistische Agitation jeglicher Couleur betrieben wird.

Julia Ebner, Jahrgang 1991, ist Extremismusforscherin und Politikberaterin am London Institute for Strategic Dialogue.

Julia Ebners Buch sollte jeder lesen, der sich noch Illusionen darüber macht, dass die Radikalisierung im Internet-Raum beherrschbar ist. Auch die Rede über Anschläge von sogenannten „Einzeltätern“ erweist sich durch Ebners Analyse als unhaltbar.

Sie stellt eindringlich und mit bestem Hintergrundwissen dar, wie insbesondere die extremistische Rechte sich im Netz global vernetzt, welche Methoden der Beeinflussung und Rekrutierung grade junger Leute benutzt werden.

Sie stellt die verschiedenen Plattformen und Chats dar, auf denen extremistische Inhalte blitzschnell weltweit verbreitet werden.

Besonders stark sei dabei die US-amerikanische Alt-Right Bewegung (kurz für „Alternative Right“), aus der sich zahlreiche weitere Bewegungen in Europa gebildet haben.

Ebner stellt die Zusammenhänge unter folgenden sechs Aspekten dar: Rekrutierung / Sozialisierung/Kommunikation/Vernetzung/Mobilisierung/Angriff.

Sie will darüber aufklären, dass hier nicht nur ein paar Nerds am heimischen Computer herumbosseln, sondern dass hinter den Methoden aggressive Strategien stehen, die darauf abzielen, weltweit demokratische Strukturen anzugreifen und zu destabilisieren.

Dazu würden alle Register gezogen, mit Fake News, Lügen, Verzerrung der Wirklichkeit, mit der Verleumdung, mit Bedrohung und mit Hate-Speech-Angriffen auf Personen des öffentlichen Lebens, wie z.B. Journalisten und Journalistinnen, Politiker und Politikerinnen und Personen der Wirtschaft und der Medien.

Besonders perfide sei, dass diese Strategien mit dem Recht auf die angeblich bedrohte freie Meinungsäußerung im Westen begründet werde. Der digitale Krieg diene angeblich der Friedenssicherheit.

Wenn auch zunehmend staatliche Gesetze die großen Social-Media-Plattformen zwängen, gegen Hate-Speech und extremistische Umtriebe vorzugehen und sie zu löschen, so sei das doch eher ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den extremistischen Bewegungen, die dabei seien, auf andere, zum Teil eigene Plattformen auszuweichen.

Die Bedrohlichkeit dieser weltweiten Bewegung zeigt sich dort, wo die online Bewegung in die offline-Welt eindringt, etwa durch massive Beeinflussung von Wahlen jeglicher Couleur, durch die Organisation großer Events, die das Bedürfnis nach Gemeinsamkeit in einer großen „Communitiy“ bedienen.

Nicht zuletzt sind es die konkreten Anschläge, die nur scheinbar von Einzeltätern begangen würden. Die Täter seien meist Teil der großen digitalen Community, in der sie mobilisiert worden seien und ihre Tat als Heldentat feiern ließen.

Julia Ebner hat sich under cover in den verschiedensten Chaträumen bewegt und gibt einen Einblick in die Brutalität und Hemmungslosigkeit dieser Szene, die sehr viele Facetten hat: nationalistisch, antisemitisch, rassistisch, aber auch anti-feministisch, antimuslimisch wie umgekehrt dschihadistisch.

Julia Ebner zeigt den scheinbaren Widerspruch in dieser Szene auf: Sie nutzen modernste digitale Tools, um ihre meist anti-modernen Ideologien zu verbreiten.

Fast allen Bewegungen ist der Anti-Feminismus gemeinsam. Es gibt weibliche Foren der sogenannten „Trad Women“ (traditional women), die ein Frauenbild verkünden, das auf Unterwerfung und Demut gegenüber dem Mann beruht. Frauen müssten bewusst an ihrem „SMV“ (Sexual Market Value) arbeiten, denn es gehe darum, dem Mann zu gefallen. Man akzeptiert die Männerrolle des „MGTOW“ (Men go their own ways). Wenn eine Frau Gewalt erfahre, dann müsse sie sich fragen, ob sie demütig genug gewesen sei.

Das Buch will in erstere Linie aufklären, aber glücklicherweise hat Julia Ebner zum Schluss noch positive Botschaften.

Sie zeigt Wege auf, wie die demokratische Community sich wehren kann, aber auch muss. Die demokratischen Kräfte, und zwar sowohl die politischen als auch die der Zivilgesellschaft, müssten besser werden im digitalen Abwehrkampf, ihrerseits Communities gründen, die auf digitaler Augenhöhe gegen die extremistischen Foren vorgehen können. Dazu müssten sie besser und schneller werden.

Die Lektüre des Buches ist ein absolutes Muss für alle, für die der Erhalt unserer Demokratie essentiell ist. Julia Ebner schreibt kenntnisreich und hochkompetent, ihr Buch liest sich wie ein Krimi. Man kann es kaum aus der Hand legen. Leider geht der Täter am Schluss nicht hinter Schloss und Riegel.

Das Buch ist bei Suhrkamp Nova erschienen, hat 335 Seiten und kostet 18 Euro.

Elke Trost

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