Wer als Journalist für sein Blatt Theaterkritiken verfasst, erlebt im Laufe der Jahre auf, neben und hinter der Bühne so Einiges, oder man trägt es ihm zu. Da wächst dann der Drang, diese Geschichten in einem Roman zusammenzufassen. Stefan Benz, Beim „Darmstädter Echo“ unter anderem für das Theater zuständig, hat jetzt seinen „Debut-Roman“ vorgelegt, der in Krimi-Manier Theater- und Zeitungsbetrieb gleichermaßen aufs Korn nimmt.
Justus Beck ist freischaffender Theaterkritiker und war ehemals bei dem Lokalblatt „Neue Post“ fest angestellt. Nebenbei handelt er auch noch mit Wein. Nach dem Tod seiner Frau lebt er alleine und würde völlig verwahrlosen, wenn sich nicht eine ehemalige Freundin seiner Frau um ihn kümmern würde. Im Theater muss sie ihn ständig wecken, da er schon kurz nach Beginn einschläft. Bei der Premiere eines Shakespeare-Stücks ärgert er sich über den blödsinnigen Regieeinfall, dass sich die Hauptdarstellerin permanent kratzt und damit fast die ganze Premiere schmeißt. Als bei der Premiere von „Romeo und Julia“ eine andere Darstellerin sich noch vor dem Bühnentod auf offener Bühne erbricht, findet er das nur degoutant, doch als er nachher erfährt, dass es sich hier nicht um eine Regieanweisung sondern um eine Vergiftung handelt, wird er misstrausich und beginnt zu recherchieren. Dabei hilft ihm ein junger Praktikant, der von Theater ebenso wenig Ahnung hat wie von vielen anderen Dingen. Doch praktisch ist er und weiß auch sonst so Einiges, was Beck nutzen kann.
Becks zweite Baustelle ist die Zeitung, wo ein junger, nassforscher Online-Experte die Regie übernommen hat und den Kulturteil, in „Cool Tour“ umbenannt, auffrischen und auf Twitter umstellen will, auf dass die Theaterkritik künftig in Echtzeit aus dem Theater komme. Zusammen mit Intriganten der Stadt-Schickeria will er den wie ein Sultan Hof haltenden Intendanten aus den Angeln heben, wobei ihm auch gern der Generalmusikdirektor helfen möchte.
Man sieht, in dieser Stadt und ihrem Theater ist etwas los, und Benz hat der Versuchung widerstanden, seinen Roman zu dicht am Staatstheater Darmstadt entlang zu schreiben. Eher sammelt er archetypische Eitelkeiten und Intrigen des Kultur- und Zeitungswesens und dichtet sie seinen Protagonisten an, etwa die mageren, ewig schwarz gekleideten Adlaten des Intendanten, oder die alternde Schauspielerin, die in den Vergiftungsfällen junger Darstellerinnen ihre große Chance für ein Comeback sieht.
Natürlich löst Beck am Ende das kriminalistische Rätsel und kann auch noch einige Punkte auf seinem Lebenskonto buchen. Der gute Wein, mit dem er handelt und den der Autor sachkundig vorstellt, wird ihm dabei helfen, auch künftig das Martyrium der Theaterkritik zu überstehen.
Stefan Benz ist mit diesem Erstling ein unterhaltsamer und spritziger Start in die Karriere als Schriftsteller gelungen. Das Buch ist im Verlag tredition erschienen und kostet 10,99 Euro.
Frank Raudszus
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