Das Besondere des jährlichen „Kehraus“-Konzertes des Staatstheaters Darmstadt zeigt sich bereits beim Einzug des Orchesters: die Damen erschienen nicht im üblichen Schwarz, sondern in farbenfrohen Roben, die sofort eine heitere Atmosphäre verbreiteten. Dann erklang unter der Leitung der jungen Anna Rakitina das filigrane, silbrig glänzende Vorspiel zum 1. Akt von Richard Wagners „Lohengrin“. Schon hier zeigten die Musiker ihre Intonationskünste, denn feiner konnte man dieses zarte Tongespinst kaum zelebrieren.
Dann erst erschien Konzertdirektor Wojnarowicz auf der Bühne und begann seine Moderation dieses Abschlusskonzertes. Mit launigen Worten wies er auf das Motto der nächsten Saison hin: „Abschied von den Helden“, und wandte dieses Motto gleich auf den „Helden“ Lohengrin an. Dessen Arie „Gott grüß´Euch, liebe Männer von Brabant“, gekonnt vorgetragen von Johannes Seokhoon Moon, gab dann auch einen Vorgeschmack auf die im nächsten Frühjahr auf dem Programm stehende Oper.
Danach begab sich das Orchester mit Schostakowitschs Operette „Moskau Tscherjomuschki“ erst auf eine wilde „Fahrt durch Moskau“ und dann weiter im„Galopp“ auf dem Rücken virtueller musikalischer Pferde. Diese trugen das Orchester unter verbaler Anleitung des Konzertdirektors bis nach China, wo bereits die Prinzessin Turandot in Gestalt der Sängerin Jana Baumeister auf die Musiker wartete, um Puccinis Arie „Tu che di gel sei cinta“ vorzutragen. Ein weiterer Ausblick auf die kommende Opernsaison.
Den Abschluss des ersten Teils bildete Beethovens Leonoren-Ouvertüre Nr. 3, deren berühmtes Trompetensignal aus dem „Off“ man als einen Verweis auf den Heldenstatus nicht nur Florestans, sondern vor allem Leonorens verstehen kann. Das Orchester kehrte bei diesem Werk tatsächlich alles aus sich heraus, was dort noch geschlummert haben mag, und glänzte durch Spielfreude, Dynamik und Präzision.
Nach der Pause ging es weiter mit dem zweiten Satz aus Rachmaninows zweiter Sinfonie, gefolgt von Donizettis „Lucia di Lammermoor“, aus der David Lee die Arie „Tu che a Dio spiegasti l´ali“ sang.
Den Abschluss bildete – Russland steht in der nächsten Saison offensichtlich hoch im Kurs – Igor Strawinskys Suite „Der Feuervogel“, den man in einem Zug mit seinem berühmten „Sacre du Printemps“ nennen kann, derart kompromisslos und – für die Entstehungszeit – innovativ kommt er rhythmisch, harmonisch und motivisch daher.
Das Publikum bedankte sich für diesen musikalischen Kehraus mit Vorschaucharakter durch kräftigen Beifall.
Frank Raudszus
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