Das Landestheater Detmold präsentiert Gounods Oper Margarethe (Faust)
„Der Teufel steckt in uns“- das möchte Jan Eßinger in seiner Inszenierung der Oper „Margarethe“ von Charles Gounod erzählen. Der französische Komponist machte es sich zum Lebenswerk, das meist rezitierte deutsche literarische Werk in eine Oper zu überführen. Im Jahr 1838 begegnete Gounod „Faust“ zum ersten Mal. Im Verlauf danach schrieb er seiner Mutter, dass er die Gedanken um Margarethe nicht mehr aus seinem Denken verbannen könne, so fühle er mit ihr. Aber erst am 19. März 1859 kam es zur Uraufführung der Oper am „Theatre Lyrics“ in Paris. Natürlich wird Mephisto auch bei Gounod personifiziert und überlistet Faust, mit ihm einen Pakt um Jugend und Liebe im Tausch um seine Seele zu schließen. Aber es bleibt letztlich Fausts freier Wille, diesen Weg zu beschreiten, und Mephisto stellt dabei nicht wesentlich mehr als die Person hinter seinem inneren Spiegel dar. Diesen Gedanken setzt Jan Eßinger in unmissverständliche Bildsprache um und lässt Faust zu Beginn der Oper in Dialog mit seinem Spiegelbild kommunizieren.
Faust erkauft sich dabei vom Teufel den Lebenswillen mit der Liebe zu Margarethe. Und so beginnt Mephisto Margarethe zu umspielen und Widersacher der inszenierten Liebe zu beseitigen. Margarethe verzückt er geschickt mit einem Amulett, dass die Blumen des konkurrierenden Liebenden Siebel aussticht, und so schleicht er sich auch in ihre Gedankenwelt. Wenig später schon kommt es zum Liebesgeständnis von Margarethe und Faust. Doch noch vor der Geburt des unehelichen Kindes hat Faust seine Geliebte wieder verlassen, und Margarethe sieht sich öffentlich geächtet. Selbst in der Kirche findet Margarethe keine Ruhe vor dem Teufel. So kommt es, dass sie schließlich ihr eigenes Kind tötet und in Folge selbst zum Tode verurteilt wird.
Jan Eßinger schafft es, unterstützt von Sonja Füsti (Bühne) und Nora Johanna Gromer (Kostüme), eine Oper auf die Bühne zu bringen, die in der ersten Spielhälfte noch maßgeblich ruhig und sinnlich erscheint – gar von Feinheit geprägt. In der zweiten Spielhälfte beherrschen dann Opulenz und Gänsehaut erzeugende Ästhetik die Bühne. Die musikalische Leitung verantwortet an diesem Abend Lutz Rademacher, der die zarten und sensiblen Momente ebenso feinfühlig erklingen lässt wie die herrlichen Tuttistellen, die wie ein imposantes Aufblühen aus dem Orchestergraben hervordringen. Die Rolle des Faust übernimmt Ji-Woon Kim mit seinem höhenreichen Tenor. Méphistophélès wird von Seungweon Lee gesungen, der mit einer herrlichen Wucht begeistert. Emily Dorn präsentiert Marguerite und überzeugt mit ihrer technischen Leistung und sinnlichen Hingabe.
So ist es ein Abend, der aufrüttelt und das Publikum nicht gedankenlos aus dem Saal entlässt. Ergriffen von der Innigkeit der Musik und Mächtigkeit des Stoffes, im Konkreten der Tragik um Margaretes Leben, nistet sich der Gedanke nach dem eigenen Teufel zwischen Thalamus und seelischen Ich ein. Es bleibt der Wunsch und die Hoffnung nach der Reflektion darüber, wieder etwas mehr vom Guten geleitet zu sein.
Malte Helmut Raudszus
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