Tief im südlichen Odenwald, zwischen Miltenberg und Hardheim, geht der Fluss Erfa in die Erf über, die wiederum bei Miltenberg in den Main mündet. Oberhalb dieses Wechsels, in einer abgeschiedenen Gegend, in der sich die kleinen Ortschaften in den bewaldeten Höhenzügen verlieren, liegt auf knapp 400 Metern Höhe der Weiler Guggenberg. Dieses beschauliche Dorf verfügt über eine besondere Attraktion: den Golfplatz Erftal/Miltenberg mit insgesamt 36 Löchern, die sich auf den Golfclub Erftal und den Golfclub Miltenberg aufteilen. Die weitläufige Anlage zieht sich über die Kuppeln und höheren Hänge auf eine Weise, dass man als Spieler nahezu durchweg einen Panorama-Blick auf die angrenzenden Täler und Berghöhen genießt. Eine Runde über achtzehn Löcher ist gleichzeitig eine moderate Wanderung über die Höhenzüge des südlichen Odenwalds. Schon allein deswegen lohnt sich ein Besuch dieses Golfplatzes.
Die beiden Kurse sind schalenförmig angelegt. Der offensichtlich zuerst angelegte Golfplatz Erftal zieht sich in einem weiten Bogen von Nordwesten nach Südosten mit dem Clubhaus in der Mitte des östlichen Rands. Von Norden über Osten bis nach Südosten schmiegen sich die achtzehn Löcher des GC Miltenberg an dieses Ensemble an. Wir haben den Platz Erftal am Ende des heißen und trockenen Sommers 2018 gespielt und trotz des – deutschlandweit grassierenden – Dahinwelkens der Fairways einen außerordentlich gepflegten und ausgeprochen schönen Platz erlebt.
Schon der weite Blick von der Terrasse des Cluhauses in den Odenwald – den man eigentlich erst nach dem Spiel genießen sollte – vermittelt einen euphorisch stimmenden Eindruck, vor allem, wenn der Himmel blau und die Sicht ungetrübt ist. Das erste Loch beginnt wie üblich dicht am Clubhaus, und sowohl Loch 9 als auch Loch 18 enden ebenfalls in dessen Nähe. Lediglich Loch 10 erfordert einen kleinen Marsch an Loch 9 vorbei. Man kann also auch problemlos eine „9er-Runde“ spielen, ohne anschließend über den halben Platz laufen zu müssen. Das ist bei jedem normalen Platz zwar eine Selbstverständlichkeit, aber bei 36 Löchern nicht unbedingt immer sicherzustellen.
Das erste Loch führt leicht abwärts nach Nordwesten und ist als Par 4 mit HCP 2 ausgewiesen. Also gleich eine Herausforderung! Die hohe Einstufung ergibt sich offensichtlich aus dem querende Wassergraben links von der Baumgruppe und dem Wasser rechts vom Grün sowie der Ausgrenze, die man unbedingt beachten sollte. Das nächste Loch – ebenfalls Par 4 und HCP 8 – führt 350 Meter lang geradeaus, allerdings hängt der Fairway nach rechts. außerdem lauert auch hier wieder ein Wasserhindernis rechts vom Grün.
Dann folgt das erste Par 5, mit 442 Metern Länge allerdings moderat und daher auch „nur“ mit HCP 10 ausgewiesen. Auch hier quert wieder ein Bachlauf etwa auf der Mitte, das Gelände hängt danach nach links, und vor dem Grün grüßt links ein großes Wasser. Es folgt das offiziell leichteste Loch des Platzes, ein Par 3 mit 138 Metern Länge, dem aber ein gefräßiger Bunker links vor dem Grün einen ganz eigenen Charme verleiht. Es folgt ein Dogleg rechts (HCP 6) mit querendem Bachlauf und wieder einmal einem trügerischen Wasser am Grün, und beim kurzen Par 3 von Loch 6 (141 m) ist das Grün von Wasser und Bunkern förmlich umzingelt.
Besonders aufpassen sollte man bei Loch 7, einem Par 4 mit 351 Metern Länge. Hier fällt das Gelände zum Grün und dazu extrem nach rechts zu einem ausgedehnten Wasser ab. Auf der linken Seite verhindert eine Baumgruppe ein zu weites Vorhalten nach links, und unmittelbar vor dem Grün erstreckt sich ein ausgedehnter Bunker, der gerne zu kurze Annäherung frisst.
Mit Loch 8 geht es wieder bergauf. Mitten auf dem Fairway des knapp 350 Meter langen Par 4 droht jedoch ein sehr „netter“ Bunker. Überhaupt haben sich die Platzarchitekten einige Gedanken bei der Anlage der Bunker gemacht. Nahezu alle weisen an der Seite zum Grün hohe Kanten auf, so dass es höchst riskant wenn nicht unmöglich ist, den Ball mit einem langen Eisen lang und flach herauszuspielen. Wer einmal in diese Faiwaybunker gerät, muss Länge opfern. Das letzte Loch der ersten Hälfte führt schließlich in einem scharfen Dogleg rechts von gut 90 Grad zum Clubhaus zurück. Bei diesem mit 330 Metern kurzen Par 4 sollte man auf die schöne Metallskulptur links vom Grün achten.
Loch 10 ist ein wenig „antizyklisch“ angeordnet, denn man läuft ein Stück entlang Loch 9 zurück bis zum Knick und spielt das kurze Par 4 (nur 250 Meter!) parallel zum Abschlagschenkel von Loch 9 zurück. Hier bleiben vor allem zwei gierige Bunker vor dem Grün im Gedächtnis. Das kurze Loch 11 (Par 3, 130 m) liegt dann in der „Kniekehle“ von Loch 9 und bestraft verzogene Abschläge mit einem Wasserhindernis links vor dem Grün. Danach geht es wieder auf eine lange Wanderschaft auf einem Par 5, das sich um 90 Grad nach rechts brettflach um einen Anker windet. Aufgepasst: wer diesen Acker betritt, um einen Ausball zurückzuholen, riskiert einen Platzverweis. Der Landwirt scheint kein Freund des Golfsports zu sein! Außerdem sollte man den Fairway-Knick mit Bedacht anspielen, sonst landet man in einem gegenüber liegenden Busch.
Es schließen sich zwei Par 4 an, die parallel zum zweiten Schenkel von Loch 12 hin- und zurück führen und keine spektakulären Eigenschaften aufweisen. In diesem Bereich der Anlage findet man kaum Bäume und wenige Büsche und damit auch keine größeren Schwierigkeiten. Nach Loch 14 kann man jedoch leicht den Anschluss verlieren und irrtümlich auf der 17 landen, die nur wenige Meter vom Grün des Lochs 14 beginnt. Ein bewusster Blick auf die Tafel kann daher nicht schaden. Man spielt also auf Loch 15, einem Dogleg links mit der Kennzeichnung als Par 4, noch einmal nach Südwesten. Der Abschlag führt über ein ausgedehntes Wasser – oder hinein! – und ein böser Bunker lauert mitten im Fairway! Dann geht es auf einem langen Par 5 mit 503 Metern ein wenig bergab und in einem Bogen nach links. Natürlich liegt wieder ein Bunker mit hoher Kante zum Grün ausgerechnet außen am Knie des Doglegs, wo man gerne hinspielt. Jetzt darf man auch das Loch 17 spielen, ein Par 3, das kerzengerade ein wenig abwärts führt und stolze 214 Meter Länge aufweist.
Der Höhepunkt folg, wie es sich dramaturgisch gehört, zum Schluss. Das mit HCP 1 schwerste Loch hat bei Par 4 mit 429 Metern eine beachtliche Länge und wehrt sich noch einmal richtig gegen eine elegante Bewältigung. Zum Ende hin dreht sich der Fairway ein wenig nach rechts, so dass der zweite Ball gerne links neben oder gar in einem größeren Buschwerk etwa 100 Meter links vor dem Grün endet. Direkt anschließend zieht sich ein breites und tiefes Wasser quer über den sich drastisch verengenden Fairway und dann rechts um das Grün herum. Man kann also an mehreren Stellen ins – echte! – Wasser schlagen. Dazu kommt, dass tiefe Bunker und bucklige Hügel diese sowieso schon schwierige Konstellation abrunden. Wer hier mit einem guten Ergebnis vom Grün geht, kann schon ein wenig Golf spielen.
Nach dieser sportlichen Höhenwanderung auf Kämmen und Hängen des Odenwalds hat man einen Drink auf der Terrasse des Clubhauses verdient, bei dem man noch einmal die sportlichen und landschaftlichen Reize dieses schönen Platzes Revue passieren lassen kann.
Frank Raudszus
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