Aufbruchstimmung im Rheingau

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Vor dreißig Jahren eröffnete das Rheingau Musik Festival zum ersten Mal seine Tore, und Veranstalter Michael Herrmann konnte zu Recht mit Stolz auf eine Ära zurückblicken, in der das Festival stetig an Bedeutung, Zuschauerresonanz und künstlerischer Qualität zugenommen hat.

Während man frühere „Jahrgänge“ des Festivals gerne einem musikalischen Jubilar – etwa Mahler oder Wagner – widmete, steht das diesjährige Festival unter dem personenneutralen Motto „Aufbruch“. Das liegt einerseits am Fehlen eines durchschlagenden Jubilars, hauptsächlich aber daran, dass man dem Jubiläum einen besonderen Akzent verleihen wollte. Und was liegt da näher, als den Blick einmal nicht in die Vergangenheit sondern in die Zukunft zu richten.

Pressekonferenz des RMF mit (v.l.n.r.) Michael Herrmann, Timo Buckow, Igor Levit

Ein bisschen Vergangenheit muss denn aber doch sein: so erinnerte sich Michael Herrmann daran, dass ihm die Idee zu diesem Festival anlässlich der berühmten „Pablo Casals Festivals“ in dessen Wohnort Prades in den fünfziger Jahren gekommen sei. Damals hatten berühmte Musiker wie David Oystrach Pablo Casals zu einem Festival zu Ehren Johann Sebastian Bachs angeregt, dieses dann aber wegen der Reiseverweigerung des Cellisten kurzerhand an dessen Wohnort in den Pyrenäen veranstaltet. Das  Rheingau Musik Festival wird dieser Konzerte von Prades durch vier Aufführungen gedenken, die in wechselnden Besetzungen, unter anderem mit den Brüdern Capuçon, dem Pianisten Lars Vogt und seinem Kollegen Igor Levit, die Prades-Konzerte nachspielen werden.

Unter dem Motto „Aufbruch“ wird es drei Themenschwerpunkte geben: „Next Generation“ mit zwei „Fokus-Künstlern“, „Tanz!Musik“ und „Expedition Sound“.

Als „Fokus-Künstler“ werden die Sopranistin Anna Lucia Richter sowie der Jazz-Pianist Michael Wollny in diesem Jahr eine besondere Rolle einnehmen. Anna Lucia Richter wird sich vor allem Liedern von Franz Schubert und Johann Sebastian Bach widmen und außerdem die Sinfonie-Kantate „Lobgesang“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy singen. Zusätzlich wird Anna Lucia in einem öffentlichen Gespräch Rede und Antwort zu ihren künstlerischen Ansichten stehen. Der Jazz-Pianist Michael Wollny ist ein „Shooting Star“ der Branche. Er wird in drei Konzerten mit wechselnden Partnern auftreten unter anderem mit dem Saxophonisten Marius Neset – und außerdem ebenfalls in einem Gespräch seine künstlerische Ausrichtung erläutern.

Zum Schwerpunkt „Tanz!Musik“ wird das Bundesjugendballett eine Tanzversion von Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ präsentieren, während drei renommierte Orchester, darunter das Colombian Youth Orchestra unter Andrés Oroczo-Estrada, konzertante Versionen von Strawinskys „Le Sacre du Printemps“  und „Der Feuervogel“ sowie Tschaikowskys „Schwanensee“ interpretieren werden. Darüber hinaus werden weitere Konzerte schwerpunktmäßig das Thema „Tanz!Musik“  bearbeiten.

Den Schwerpunkt „Sound Expedition“ werden unter anderem der Mandolist Avi Avital und der Jazz-Bassist Omer Avital abdecken. Francesco Tristano (Klavier & Electronics) Chilly Gonzales (Klavier) mit dem Kaiser-Quartett, das Avishai Cohen Trio und andere Ensembles runden diesen Schwerpunkt ab.

Igor Levit vor dem ersten Anschlag

„Artist in Residence“ ist dieses Jahr der noch junge Igor Levit, der sich in wenigen Jahren in die erste Garde der Pianisten gespielt hat und darüber hinaus über die bei Musikern nicht unbedingt weit verbreitete Gabe der freien  Rede verfügt. Wie er schon vor Jahen bei der Interpretation von Beethovens letzten drei Klaviersonaten das Publikum vorher verbal in seine Sicht der Musik einweihte, war beeindruckend. An diesem Morgen saß er auf dem Podium und präsentierte in so einfachen wie überzeugenden Worten sein Programm. Im Mittelpunkt seiner konzertanten Tätigkeit bei dem diesjährigen Festival werden neben den beiden letzten Schubert-Sonaten (A-Dur und B-Dur) vor allem die 24 Präludien und Fugen von Dmitri Schostakowitsch stehen. Igor Levit gelang es in bewegenden Worten, bereits den Teilnehmern der Pressekonferenz ohne einen einzigen Tastenanschlag (warum eigentlich nicht?) das Besondere und Allgemein-Menschliche dieses musikalischen Werkes nahe zu bringen. Auch hier bewies er wieder seine Fähigkeit als publikumsnaher Kommunikator. Man kann ihn sich gut als begeisternden Hochschullehrer vorstellen. Neben diesem Programm wird er noch im Rahmen der „Prades-Konzerte“ zusammen mit Veronika Eberle und Isang Enders Beethoven-Sonaten spielen und mit dem Tonhalle-Orchester Zürich Beethovens 5. Klavierkonzert interpretieren.

Es gibt also viel zu hören. Packen wir´s an!

Details sind über die Webseite des Rheingau Musik Festivals zu erfahren.

Frank Raudszus

 

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