Lachen ist gesund – Fünf Comedians statt Praxisgebühr

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Comedian-Unikate in der Live Show des „Quatsch Comedy Club Berlin“

Manchmal muss man sich einfach vornehmen, wieder mehr zu lachen und die tatsächliche oder gefühlte Tristesse des Alltags zeitweise auszuknipsen. Gerade wenn der Berliner Winter seinen Einstand feiert und dazu melancholischen Dauerregen, pfeifende Winde und kriechende Kälte als Grüße auf die Tageskarte setzt. Eh man sich davon vergrämen lässt und bestenfalls in Praxisgebühr und HNO-Aufpäppler investiert, sollte man den Körper frühzeitig von innen heraus stärken – das gelingt nicht schlecht durch ein die Seele aufheiterndes Lachen, was ganz nebenbei noch ohne große Sondermühe die Bauchmuskulatur in brillante Form versetzt.

Also wagen wir uns einmal in den „Quatsch Comedy Club Berlin“, direkt neben dem Friedrichstadt-Palast in Mitte. Die äußere Aufmachung mit dem großen „Q“ ist dem Kenner aus dem medialen Guckkasten des Wohnzimmers bekannt – wir sind hier offensichtlich nicht in einem versteckten Berliner Hinterhof, sondern in Bestlage. Das mag den nach Alternativprogrammen Suchenden etwas verunsichern, aber auch bei den großen Bühnen der Hauptstadt gilt: Prominente Lage und selbstbewusste Präsenz glänzt auch sehr häufig mit exzellentem Programm.

v.l.n.r.: Costa Meronianakis, Murat Topal, Michael Steinke, Lena Liebkind, C. Heiland

v.l.n.r.: Costa Meronianakis, Murat Topal, Michael Steinke, Lena Liebkind, C. Heiland

Heute Abend ist Costa Meronianakis unser Gastgeber und führt durch das Programm. Dabei ist er selbst ein teuflisch guter Comedian und hat in Summe wahrscheinlich mehr Redezeit als die vier Gäste des Abends. Guter Trick! Als Frankfurter, und an diesem Abend sogar der einzige im ganzen Saal, bringt er den lässig prolligen Charme der Mainmetropole auf die Bühne. Als Grieche hat er natürlich immer einen heißen Draht in die Herzen seiner deutschen Mitbewohner. Schon als kleiner Junge, so sagt er, war er davon begeistert, wie die Träume der deutschen Kinderfreunde auch als Talente sichtbar und von den Eltern reichlich gefördert wurden – ob Fußball, Schlagzeug oder Schach. Er konnte seine Träume ebenfalls gut ausleben, denn er hat schon immer gerne geschlafen. Dann lernen wir noch etwas über die griechische Lebenskultur, den schweigsamen aber doch bestimmten Vater und die rödelnde und schnippische Mutter, die sich durch den deutschen Einzelhandel fräst.

Erster Gast ist Murat Topal – ehemaliger Polizist aus Kreuzberg, der in Neukölln aufwuchs und folglich schon mit Migrationshintergrund in die berufliche Laufbahn startete. Die Statur lässt die Geschichte durchaus glaubhaft erscheinen, wenn auch sein türkises Shirt mit schillerndem Print uns sagt, dass diese Karriere wohl ein paar Tage zurück liegt. Trotzdem bleibt eine seiner liebsten Geschichten die von der Observation eines Kreuzberger McDrive, der gerne als Ausgangspunkt für Straßenrennen diente. Schnell genervt aber auch inspiriert von „Willkommen bei McDo – Ihre Bestellung bitte“ war die Idee geboren, durch die Lautsprecher des Polizeiwagens den Slogan in 180 Sprachen zu rezitieren. Zumindest 30 lernen wir davon heute Abend kennen. Sensationell geil und ein Stückchen Arbeit, sich das in den Schädel zu hämmern. Respekt! Auch Apollo und Zeus gehören zur deutschen Kultur – und man darf sich Ihrer besonders erfreuen, wenn man Pauschalreisen auf südliche Archipele bucht. Die zwei gedachten Dobermannrüden sind dann trotz der intensiven Eiweiß-, Kreatin- und Aminosäurekur von Papahärchen nicht richtig in die Höhe geschossen. So trägt Susi sie eben doch verkleidet als Zwergpinscher am liebsten in der Handtasche über Shoppingprachtstraßen und Strandpromenaden.

Es folgt Michael Steinke als Überbleibsel aus den 70ern. Ein Clash in der Optik, und er gibt sich auch keine Mühe, seinen Stolz darüber zu verheimlichen. Wir werden gesanglich beglückt und mit Tanzeinlagen herausgefordert – also wirklich eine 180-Grad Wende nach der Show zuvor. Aber das macht auch den ganz besonderen Reiz aus, dass eben ein diametraler Unterschied in den Comedians besteht. Nun lacht die Fünfundvierzig-Plus Fraktion noch deutlich schriller und beginnt zu toben – die Kinder selbiger bekommen das Fett weg, als Generation, der man noch erläutern muss, was es denn eigentlich geheißen hat, damals als Kind draußen zu spielen. Das muss der 17-jährige Robin dann auch erstmal googeln. Highlights sind die Stories der in den Dreck gefallenen Bonbons, die Mutti noch aufhob und abblies – und wenn sie besonders umsorgend war, noch selbst ablutschte, bevor sie sie klein Michael zurück in den Mund schob. Dabei passierte es schon mal, dass das auch gar nicht das eigene Bonbon war. Für Mutti aus der Generation „was einen nicht umbringt, macht einen nur härter“ gab es da keinen Unterschied.

Nach der Pause kam Lena Liebkind wie ein schepperndes Becken im Symphoniekonzert auf die Bühne geplatzt. Der Name könnte hier kaum kontrastreicher zum Programm sein, denn Lena ist bösartig, giftig und – ja – teils auch niveaubefreit in der Sprache. Aber dafür sind wir heute hier, und Lena hat ihren Plan erfolgreich absolviert, am unteren Ende des Humors einmal nass durchzuwischen. Das muss gar nicht heißen, dass das zu kritisieren ist – diese Nische hat sie am Abend sehr erfolgreich besetzt, und aus dem Saal ist trotzdem niemand geflohen. Auch wenn Siebzig-plus das Lieblingsalter der Geschichten ihrer antizipierten Zeit im Altersheim ist, war dieser Publikumsteil nun wohl doch etwas stummer. Die Damen und Herren waren aber auch nicht sonderlich zahlreich und haben sich das anstandslos angehört, wie Lena sich auf 300kg hocharbeiten möchte, damit sich gleich drei knackige junge Pfleger um sie kümmern müssen! Ihre ukrainische Abstammung und die Mutter – in entsprechendem Dialekt vertont – geben der Show noch weitere Würze; und dabei darf der Hinweis auf das weibliche Nationalhobby, der Stangentanz, natürlich nicht fehlen.

Zur nahenden Weihnachtszeit rundet der Heiland den Abend ab. C. Heiland ist alterlich wieder in der Nähe des Herren Steinke, und man erfreut sich ähnlichen teils skurrilen Humors. Er hat uns heute zudem ein ganz besonderes Instrument aus Japan mitgebracht – weiß der Herrgott, wie es heißt. Letztlich ein kleines Keyboard mit – wer kennt sie nicht – der Demotaste. Diese Standardbeats waren der große Klassiker für jeden Musikgeschmacksinsolventen – hier soll es mit sechs Tasten eigentlich sechs Melodien geben. Sie klingen dann aber doch alle identisch. Heiland lässt uns teilhaben an seiner Diskussion mit seinem Manager, der ihm von den allzu wirren Programmpunkten abgeraten hat und ihm dafür nahelegte, mehr Witze im Netz zu suchen und zu rezitieren. Einige wenige verprobt er dann am Publikum – und schau an: der Manager scheint doch mal wieder recht gehabt zu haben. Sonst agiert C. Heiland auch klug mit Pausen und Wiederholungen – neben reinem Story Telling also auch taktische Akrobatik, die seinem Act einen unvergleichlichen Twist verleiht.

Malte Raudszus

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