Die Kunsthalle Schirn präsentiert Heather Phillipsons Installation „Eat Here“.
Auf dem Frankfurter Römerberg ist Weihnachtsmarkt, und da haben sich die verantwortlichen der Kunsthalle wohl gedacht, man könne auch ein wenig bewegliches Kunstlametta installieren. Um sich jedoch gehörig vom profanen Kommerz des Marktes abzugrenzen, hat man in der „Rotunde“ – dem Eintrittsbereich der Schirn – eine Installation einer zeitgenössischen Künstlerin in Szene gesetzt. Heather Phillipson stammt aus Großbritannien und hat sich mit Installationen einen Namen gemacht.
In „Eat Here“ spielt sie anagrammatisch mit ihrem Vornamen – „heather“ vs. „eaht here“ – sowie dem englischen Wort für Herz – „Heart“. Im Mittelpunkt der mit rotem Teppichboden verkleideten Rotunde dreht sich auf einem Sockel ein überdimensionierter menschlicher Fuß. Über ihm hängt eine ganze Ansammlung scheinbar heterogener Requisiten. Da blicken grob gezeichnete Augen von sanft im Zug pendelnden Pappschildern, dazwischen tummeln sich stilisierte, aber noch zu erkennende Spermien – ebenfalls aus Pappe. Augen und Spermien könnten metaphorisch für Erkenntnis und Fruchtbarkeit stehen, doch das ist die Interpretation des Betrachters, da die Künstlerin bewusst keine Erklärung dazu abgegeben hat. Tennisschläger und -bälle sowie rote -Blut! – Müllsäcke vervollständigen das Konglomerat. Weiter oben hängt die Attrappe eines Orka-Wales – Sinnbild der Aggression und des Tierreichs – vielleicht. eine Empore zieht sich hoch bis zu zwei Leinwänden, auf denen Videoclips ablaufen, deren Themen das Wasser und das Herz sind. Letzteres erscheint in anatomisch naturgetreuer Darstellung einschließlich animierter Funktionen. Das Wasser ist das Herz des Lebens – könnte man sagen, muss man aber nicht. Alle „Mobile-Teile“ hängen an roten Fäden, die man durchaus als Blutbahnen interpretieren kann. Die Fenster der Rotunde sind mit semitransparenter Spiegelfolie beklebt, so dass man die hängende Kunst ringsum vielfach und in starker Vergrößerung sehen kann. Damit besetzt Phillipsons Installation nicht nur das Innere der Rotunde sondern den gesamten optischen Raum.
Die mulitmediale Installation wird vervollständigt durch sich wiederholende Ausschnitte gängiger Schlager, deren gefühlig-kommerzieller Klang sich als kritischer Kommentar deuten lässt. Ansonsten vermeidet Heather Phillipson jegliche kurzschlüssige, d. h. plakative Zusammenstellung von Elementen, die als Ganzes eine schlüssige Interpretation erlauben würden. Bewusst belässt sie ihrem Werk einen enigmatischen Kern, der sich nur schwer knacken lässt – und wenn, dann nur höchst subjektiv. Nichts ist zwingend, alles offen. Und dennoch regen die scheinbar heterogenen Elemente ihrer Installation zum Nachdenken an, mit dem Risiko, zu keinem Ergebnis zu kommen.
Die Installation ist vom 20. November bis zum 7. Februar in der Rotunde der Kunsthalle Schirn zu sehen.
Frank Raudszus
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