Honeymoon in Haßleben – die Uckermark lockt Hauptstädter an

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In Folge 99 von GWSW zeigt das Prime Time Theater die Abenteuerlust der naturliebenden Prenzelberger

Der hagere aber lebensfrohe Üwele aus dem Ländle hat die hochaktive Sportlehrerin Jutta geheiratet. Beide spiegeln das Klischee der Prenzel-Württemberger aus rustikaler Weddinger Sicht wider. Üwele ist ökologisch bis ins letzte Glied und achtet bei den Kommentaren aller Mitmenschen darauf, dass diese den höchsten Ansprüchen der Political Correctness gerecht werden. Gerne berät er auch und kann so jeden despektierlich beschriebenen Stereotyp in sozial-tolerante Sprache überführen. Aus dem schwarzhäutigen Mitbürger wird der Afrogermane, schwererziehbare Jugendliche sind korrekt als verhaltensoriginell und erlebnisorientiert zu bezeichnen. Seine Frau Jutta verzichtet gegenüber ihrem natürlich veganen Mann gänzlich auf die Zuführung von Lebensmitteln, um ihre perfekte Figur zu erhalten. Sie spricht von sich als abgeschlossenem System – quasi einem menschlichen Perpetuum Mobile. Nun, für die Freuden des Lebens bleibt natürlich noch eine kleine Lücke offen.

Wurst

Frühstück in Siggis Bio Paradies

Auf der Suche nach einem naturromantischen Honeymoon ist Üwele auf Sigis Bio Paradies in Haßleben in der schönen Uckermark gestoßen. Jutta ließ sich auf dieses Wagnis nur ein, weil ihre geistige Kreativität gleich neue Aerobicübungen erdachte – beispielsweise eignet sich das Stallausmisten mit der Mistgabel mit je acht Wiederholungen pro Seite als ausgezeichneter Arm-, Schulter- und Rückenworkout. Später werden wir sehen, dass selbst das Melken als Fitmacher herhalten kann, sobald es in eine Choreographie aus Kniebeugen sowie Arme in Vorhalte und in Abmelkrotation eingegossen wird.

Nun stehen Jutta und Üwele an der Straße im Prenzlauer Berg und recken ein großes Pappschild mit „Haßleben“ in die Luft. Jutta ist das etwas peinlich, aber Üwele besteht auf diese Reiseform. Man hätte mit der Bahn nach Haßleben reisen können, aber das ist Üwele noch zu unökologisch. Das verwundert, wenn man daran denkt, dass sie nun trampen und offensichtlich ein Auto nehmen wollen. Jutta klärt uns jedoch mit ihrem Klagen nach stundenlangem Warten auf: „Meinst Du wirklich, dass es so eine gute Idee war, explizit auf ein Elektroauto zu warten, dass nach Haßleben fährt?“ Und Üwele rückt nicht ab! Trotzdem wirft Jutta kurzerhand das Schild zur Seite und präsentiert ihren durchtrainierten Körper in Eighties Colors den heraneilenden Fahrzeughaltern. Und so Gott es will, hält nun tatsächlich ein Elektroauto – in ihm Volker und Lore, das spießige Prenzelpärchen, welches wir bereits in der letzten Folge kennenlernen durften. Wir erinnern uns an die Tragödie mit dem Viereinhalbminutenei!

Lore und Üwele beim Melken

Lore und Üwele beim Melken

So beginnt die Abenteuerreise der vier Prenzelberger in die unerforschte Uckermark. Schon die Autofahrt lässt die Naturschönheiten von tief-düsteren Wäldern und Wiesen mit arglistig dreinschauenden Kühen auf die Reisenden einwirken. Sie wissen ja nicht, dass in Haßleben ein jahrelanger Nachbarschaftskrieg tobt, dessen Auswüchse sie bald auf fürchterliche Weise heimsuchen wird. Denn Gottlieb, der katholische Priester Haßlebens, steht im Clinch mit seinem Dorfnachbarn Siggi. So war bisher der größte Streitpunkt, wer auf dem alljährlichen Schweinerennen mehr bescheißt. Zu allem Überfluss hat Siggi nun aber das Nachbargrundstück von Gottlieb erworben, um dort sein Bio- Paradies zu errichten. Gottlieb ist ganz außer sich, da Siggi ihm nun auch noch die Idee geklaut habe, Hauptstädter in die Uckermark zu locken. Nach einem zünftigen Streit über den Gartenzaun verzieht sich Gottlieb in seine holzgetäfelte Dorfkirche. Auch wenn der Liebe Gott seine bisherigen Wünsche nie erfüllt hatte, wendet er sich ein weiteres Mal inständig an den Herrn. Gehässig und in Allmachtsfantasien eines echten Hinterwäldlers bittet er Gott, Siggi mit den biblischen Plagen zu überfluten!

Bis zum nächsten Mal!

Seien Sie gespannt, welches Schauspiel sich nun in Haßleben abspielt. Lachen ist gewiss! Und wer in den heißen Tagen des Jahres geschlossene Räumlichkeiten lieber meidet, dem sei mitgeteilt, dass das Prime Time Theater über eine exzellente Klimaanlage verfügt. Wer also dennoch schwitzen möchte, muss in der Pause den Weg nach draußen suchen.

Malte Raudszus

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