Das Zwingenberger „Theater Mobile“ zeigt Ralph Dillmanns musikalische Wanderung durch die Zeit des Barock.
Das Zeitalter des Barock wird gerne mit Not und Leid assoziiert – Stichwort „Dreißigjähriger Krieg“ -, weil Dichter wie Andreas Gryphius diese Weltsicht in ihren Werken zum Ausdruck gebracht haben. Dass diese Epoche auch Züge der Lebenslust -vielleicht des Galgenhumors – trug, zeigte der Darmstädter Schauspieler und Sänger Ralph Dillmann am 31. Mai zusammen mit dem Pianisten Gerd Kaufhold in seinem Programm „Gelassenheit & Lebensfreude“ im Zwingenberger „Theater Mobile„. Leser unserer Theater-Rezensionen kennen Ralph Dillmann von der „Neuen Bühne Darmstadt„.
Dillmann hatte ein umfangreiches Programm von Liedern der Zeit zwischen 1651 und 1741 zusammengestellt, das bekannte und weniger bekannte Namen enthielt. Neben Bach (Johann Sebastian), Händel, Purcell, Telemann und Vivaldi standen auch weniger bekannte Namen wie Johann Philipp Krieger, Riccardo Broschi, Giovanni Battista Bononconi und Geminiano Giacomelli mit ihren Liedern Pate für diesen Abend.
Wenn die Zuhörer in dem gut besuchten Theater einen typischen Liederabend mit konzentriertem Gesang und wenigen Worten erwartet hatten, so hatten sie sich geirrt. Dillmann betrachtete diesen Abend nicht in erster Linie als Präsentation seiner durchaus vorzeigbaren Sangeskünste, sondern wollte dem Publikum vor allem den Hintergrund und das Lebensgefühl des Barock näherbringen. Das ging nur mit verbindenden Worten, die jedoch in diesem Fall mehr als reine Liedankündigungen und -beschreibungen enthielten. Ralph Dillmann erwies sich als wortgewandter Conferencier, der dem Abend einen so informativen wie launigen Charakter verlieh. Mit humorvollen Worten konnte er genauso Geschichte und Besonderheiten der Kastraten erzählen wie auch die schelmenhaften Lieder erklären, die auch in schlechten Zeiten die Liebe und typische menschliche Schwächen aufs Korn nahmen. Und auch die Götter – hier in Gestalt von Jupiter in der Oper „Calisto“ – bekamen in den Liedern des Barock ihr „Fett weg“.
Überhaupt war die Barock-Oper mit Arien und Rezitativen stark vertreten, und Dillmann wies darauf hin, dass in dieser Epoche besonders viele Opern geschrieben wurden, von denen jedoch nur wenige überlebt oder gar den Weg in die heutigen Repertoires gefunden haben. So kam Händels Oper „Giulio Cesare“ gleich zweimal zu Gehör, und vom selben Komponisten trug Dillmann die berühmte Liebesarie „Ombra ma fui“ vor. Von Purcell war die für die damalige Zeit musikalisch ungewöhnliche Arie „What power art thou“ mit ihrem hervorgestoßenen Gesang zu hören, und den Abschluss bildete die Arie des Cesare „Quel torrente, che cade dal monte“ von Georg Friedrich Händel. Als Zwischenspiel trug Pianist Gerd Kaufhold Bachs Es-Moll-Präludium aus dem „Wohltemperierten Klavier“ vor.
Den beiden Musikern gelang es nicht nur, dem Publikum das Wesen des Barock und seiner Musik näher zu bringen, sie sorgten auch mit verbalen und musikalischen Späßen sowie gekonnten Interpretationen für Abwechslung, Unterhaltung und sogar für einige Lacher.
Frank Raudszus
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