Renate Gutzmer: „26 Gefährdungen“

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Ein kleiner Prosa- und Lyrikband über das Alphabet der kleinen Apokalypse.

1410_GefaehrdungenDieses Erstlingswerk der nicht mehr ganz jungen Autorin – Jahrgang 1946 – endet mit einem eher ungewöhnlichen Nachwort. Es stammt nicht vom Verleger oder einem anderen literarischen „Paten“, sondern von der Autorin selbst. Darin gibt sie sozusagen eine kleinen Leitfaden zur Lektüre mit, so dass der Leser nach der letzten Episode gleich eine erste Interpretation erhält. Es scheint, als ob die Autorin nicht auf die „richtige“ Rezeption der Leser vertraut; dabei sagt sie mit eher literaturwissenschaftlichem Vokabular nichts anderes als in den 26 kurzen Texten.

Die Zahl verweist natürlich auf das Alphabet, und so erhalten jede Geschichte und jedes Gedicht einen passenden Titel, beginnend mit „Auftauchen“ und endend mit „Zechen“. Zwischen diesem eigenen „Alpha et Omega“ der Autorin liegen Erinnerungen, Visionen, Ängste und Sehnsüchte, die sich im Laufe eines Lebens ansammeln, aber im Alltag stets verdrängt werden. Die menschlichen Beziehungen und ihre Brüchigkeit spielen dabei eine große Rolle, seien es Freundschaften oder die Liebe, öfter endend als beginnend. Der Verlust spielt dabei eine größere Rolle als Lebensfreude und Zuversicht. Sei es die beginnende Demenz – Albtraum aller Alternden – oder die tödliche Krankheit, die auf ein baldiges Ende verweist, immer wieder scheint das Düstere der Vergänglichkeit durch die Zeilen. Dabei neigen die Gedichte ein wenig zur Mystifizierung der latenten Ängste, während die Prosastücke das Thema meist etwas epischer angehen, ohne deswegen in Vordergründigkeit abzugleiten. Manche Stücke, etwa das „Sehnen“, scheinen autobiographisch gefärbt, andere wieder zeigen surrealistische Züge oder wirken in ihrer bewussten Verfremdung wie wirre Träume. Überhaupt  zieht sich die Metapher des Traums – explizit und implizit – in all seinen Schattierungen durch das ganze Buch, wie ein Verweis auf eine unzugängliche menschliche Parallelwelt, die nur im Schlaf ungeordnete Einblicke zulässt.

Wenn man von der ein wenig zu idiosynkratischen und lebensallergischen Grundstruktur absieht, eröffnet der kleine Band durchaus einen Blick in den inneren Kosmos der Ängste und Empfindlichkeiten der Menschen, wobei das Altern mit seinen nie nur angenehmen Rückblicken im Vordergrund steht.

Das Buch ist im Elsinor-Verlag erschienen und kostet 9,90 €.

Frank Raudszus

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