Kammermusik mit Herz und Präzision
Klaviertrios von Mozart, Debussy und Schubert bei der Schubertiade in Hohenems
Jedes Jahr findet von Juni bis Oktober mit kurzen Pausen im Vorarlberg die mittlerweile international renommierte Schubertiade statt. Bei diesem Festival stehen schwerpunktmäßig Werke von Franz Schubert auf dem Programm. Man findet im Programmheft zwar auch Abende, die ausschließlich einem anderen Komponisten gewidmet sind vorzugsweise Beethoven -, und es gibt auch gemischte Programme ohne Schubert, aber beide Fälle sind rar gesät. Der Name ist Programm.
Die Schubertiade findet an zwei Orten statt: in dem kleinen Dorf Schwarzenberg mitten im Bregenzerwald und in dem eher städtischen Hohenems wenige Kilometer südlich von Dornbirn. Schwarzenberg ist mit seiner ländlichen Idylle, den prächtigen alten Gasthöfen und der Kirche mit den Bildern von Angelika Kauffmann sicher der authentischere Ort, weil hier irgendwie die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Doch Hohenems kann nicht nur auf die bessere Erreichbarkeit pochen, sondern hat auch mit dem Markus-Sittikus-Saal einen ausgesprochen attraktiven Veranstaltungsort zu bieten. Da Schwarzenberg von größeren Städten vor allem abends nur schwierig zu erreichen ist, mieten sich viele Gäste im Gesundhotel Bad Reuthe ein, das sogar einen Shuttleservice zu dem nur zehn Autominuten entfernten Schwarzenberg bietet. Doch auch Hohenems lässt sich über die richtige Route Andelsbuch, Egg, Alberschwende vom Gesundhotel in gut einer halben Stunde erreichen.
Am 8. Oktober spielten drei junge Musiker in Hohenems Klaviertrios von Mozart, Debussy und Schubert. Viviane Hagner (Violine) stammt aus München und hat schon mit vielen renommierten internationalen Orchestern und Dirigenten konzertiert. Der ebenfalls in München geborene Daniel Müller-Schott (Violoncello) hat bereits in jungen Jahren eine ähnliche Karriere hinter sich. Jonathan Gilad (Klavier) schließlich stammt aus Marseille, erhielt seine Ausbildung in Frankreich, Spanien und Österreich und kann ebenfalls auf eine breit gefächerte Palette internationaler Auszeichnungen und Auftritte zurückblicken.
Zu Beginn spielten die drei Musiker Wolfgang Amadeus Mozarts Klaviertrio B-Dur, KV 502. Dabei war deutlich zu spüren, dass die drei erst zusammenfinden mussten, denn das Klavier dominierte im ersten Satz etwas zu sehr, so dass die beiden Streichinstrumente etwas ins Hintertreffen gerieten. Außerdem waren Anschlag und Interpretation ein wenig zu statisch und nicht so geschmeidig, wie man es von mozartscher Musik erwartet. Im zweiten Satz legte sich diese Asymmetrie etwas und die Streicher kamen mehr zur Geltung. Doch auch hier fehlte durch das etwas zu forcierte Spiel des Pianisten ein wenig die Seele der Musik. Erst im Finalsatz hatten die drei sich soweit aufeinander eingestellt, dass ein ausgewogenes Klangbild entstand. Die über Strecken unisino gespielten Motive unterstützten diese Entwicklung und ließen am Ende doch noch ein authentisches Mozartbild entstehen,
Claude Debussys Klaviertrio G-Dur schien allen drei Musikern von Beginn an mehr zu liegen. Den expressiven ersten Satz interpretierten sie mit großer klanglicher Dichte und hoher Präzision. Die Atmosphäre der Weltverlorenheit, die für Debussy so typisch ist, kam hier eindrucksvoll zum Ausdruck. Das Scherzo des zweiten Satzes präsentierten die drei mit fast spanischem Einschlag, ohne jedoch deswegen ins Folkloristische zu verfallen. Stets war das Hintergründige dieser Musik mit im Spiel. Besonders anrührend war das liedhafte Andantino, das von Klavier und Cello eingeleitet wird. Hier kam die lyrische Seite von Debussy zum Tragen, ohne dass falsche Sentimentalität aufkam. Den letzten Satz schließlich, ein vorwärtsdrängendes Appassionato, interpretierten die drei mit viel Verve und einer sehr feinen Abstimmung der Klangfarben. Dieser Satz war der Höhepunkt einer insgesamt überzeugenden Interpretation. Das Publikum erkannte diese Leistung mit kräftigem Beifall zur Pause an.
Den Schluss- und Höhepunkt des Abends – wie sollte es bei einer „Schubertiade“ anders sein? – bildete dann Franz Schuberts Trio in B-Dur, D 898. Bereits der erste Satz kam wie aus einem Guss daher. Nun waren alle drei Instrumente im vollständigen Gleichgewicht, und nur an den vom Komponisten vorgesehenen Stellen spielte sich jeweils ein Instrument in den Vordergrund, ohne jedoch dabei diese solistische Hervorhebung zum Selbstzweck zu machen. Das „Andante un poco mosso“ kam wie ein dichter Strom nie enden wollender Musik daher, wobei der Pianist die Akzente teilweise recht markant setzte. Im Scherzo bestach das Trio vor allem mit dem präzisen und akzentuierten Spiel, und das Allegro Vivace des Finalsatzes schwang sich noch einmal zu einem expressiven und leidenschaftlichen Höhepunkt auf. Auch hier fielen die scharfen, fast Schlägen gleichenden Akzente des Pianisten auf, die durch ihre Kompromisslosigkeit in gewisser Weise das Schubertbild konterkarierten. Auffallend war dabei, das Gilad als einziger der drei diese peitschenden Momente einflocht. Man kann über dieses Interpretationsdetail sicher streiten, dem Gesamteindruck des Abends hat es jedoch keinen Abbruch getan.
Das Publikum zeigte sich denn auch nach dem Schlussakkord begeistert und sparte nicht an Beifall, der sich bis zum allgemeinen Füßetrommeln steigerte. Dafür bedankten sich die drei Musiker mit dem zweiten Satz aus dem d-Moll-Trio von Felix Mendelssohn-Bartholdy als Zugabe.
Frank Raudszus
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