Weite Landschaften, wilde Tiere und das Meer
Eine viel zu kurze Reise durch Südafrika – Anreise
Sonntag, 14. Oktober: Flug nach Johannesburg
Vor zwei Jahren haben wir an dieser Stelle von einer Reise nach Namibia berichtet. Diese Reise ist uns seitdem nicht aus dem Kopf gegenagen, und wir sind seitdem in gewisser Weise diesem Kontinent verfallen. Für diesen Herbst hatten wir uns daher Südafrika als Ziel vorgenommen vorgenommen. Wieder hatte Umfulana die Reise professionell vorbereitet und mit vielen Highlights versehen, die wir natürlich erst noch kennenlernen mussten.
Bereits der Abflug von Frankfurt stellt unsere Nerven auf die erste Probe. Da wir wegen der späten Buchung keinen Direktflug nach Johannesburg mehr bekommen haben, müssen wir mit Air Namibia über Windhoek fliegen. Dort bleiben uns jedoch nur eineinhalb Stunden für den Umstieg. Die Startzeit in Frankfurt verstreicht, ohne dass sich die Maschine vom Finger löst. Nach mehr als einer halben Stunde verkündet der Kapitän lakonisch, dass sich der Abflug aufgrund einer technischen Störung verzögere. So warten wir weiter in einer erst kalten, dann überheizten Maschine auf den erlösenden Moment. Dabei erleichtert uns unsere späte Entscheidung für die Business Class das Warten, denn wir können die Beine ausstrecken und die Rückenlehnen ganz nach hinten absenken.
Schließlich startet die Maschine gut neunzig Minuten später als geplant, und während des gesamten Flugs sitzt uns die knappe Umsteigezeit im Nacken.
In Windhoek geht der Umstieg dann doch wesentlich entspannter vonstatten als gedacht, und gegen zehn Uhr landen wir sicher in Johannesburg. Jetzt bewährt sich die Entscheidung für die teurere Flugklasse, denn wir müssen mit dem Leihwagen noch vierhundert Kilometer auf fremden Straßen und im ungewohnten Linksverkehr zurücklegen, ehe wir uns in der ersten Lodge ausruhen können. Da ist es gut, wenn man während des Nachtflugs einigermaßen erholsam schlafen konnte.
Die ersten zehn Minuten auf der Straße verlaufen dank Linksverkehr und seitenverkehrter Handhabung von Gangschaltung und Blinkern wie erwartet chaotisch. Vor jedem Richtungswechsel wandern die Scheibenwischer über die Windschutzscheibe, die richtigen Gänge lassen sich nicht sofort finden, und die Wegweiser stoßen auf falsches Verständnis. Doch dann schaffen wir es tatsächlich auf die richtige Autobahn, und auf der linken Spur – nun schon kein Hindernis mehr – geht es durch das etwas eintönige Hochland nach Osten.
Auf einer Raststätte schließen wir die erste Bekanntschaft mit der Bevölkerung. Die Bedienung des Geldautomaten stößt auf größere Schwierigkeiten, da dieser auf die lokale Sprache eingestellt ist. Der nette Herr, der uns den Weg zum Automaten erklärt hat, hilft uns dann auch bei der Bedienung, und warnt uns noch davor, in Südafrika zu offen Geld vom Automaten zu holen.
Nach einer langen, abwechsungsarmen Strecke auf dem Hochland geht es dann hinter Middelburg in die Höhe. Man hat uns aus irgendeinem Grund den Weg über den Longtom-Pass empfohlen, und um dieser Empfehlung willen ignorieren wir die Vorschläge unseres Navigationssystems und biegen nach Norden Richtung Lydenburg ab. In den meisten südafrikanischen Orte stehen am Eingang keine Namensschilder, und die Wegweiser geben meistens keine Entfernungen an. So merken wir erst an den Reklametafeln an verschiedenen Häusern, dass wir irgendwann in Lydenburg gelandet sind. Gerade noch rechtzeitig finden wir daher die Abzweigung nach Sabie. Die Straße führt uns nun in langen Kurven bergauf in umwirtlichere Gefilde. Der Baumbestand nimmt ab, dafür lecken die ersten Wolkenfetzen über die Felsen. Irgendwann lesen wir auf einer Tafel am Straßenrand etwas von „Misty Mountain“, und kurz darauf kennen wir die Bedeutung dieses Namens: die Wolken haben sich vollends über die Bergkuppen geschoben und hüllen die Straße in derart dichten Nebel ein, dass die Sicht teilweise nur noch zehn Meter beträgt- Mit eingeschalteter Blinkanlage und nahezu im Schritttempo kriechen wir den Berg hinauf zum 2150 Meter hohen „Longtom“-Pass, der seinen Namen offensichtlich von einer langen Kanone erhalten hat, die hier einst die Passhöhe gesichert hat und nun als Denkmal dort – im Nebel! – steht.
Beim Abstieg auf der östlichen Seite durchstoßen wir bald die Wolkengrenze und genießen nun den Ausblick auf die vor uns liegenden Berge und Täler. Fern im Osten lässt sich das ausgedehnte Flachland erahnen. Wir gönnen uns noch eine kurze Stadtrundfahrt durch Sabie, das malerisch zwischen mehreren Berghängen liegt, dann zwingt uns jedoch die fortgeschrittene Tageszeit zur Weiterfahrt. Gegen 18 Uhr erreichen wir schließlich die „Chestnut Country Lodge“ kurz vor Hazyview. Ein längerer, aufsteigender Sandweg führt rechtwinklig von der Straße hoch durch Bananenfelder in die Berge. Nach etwa zwei Kilometern Slalom durch Schlaglochfelder und Querrinnen stoppen wir vor einem geschlossenen Tor, das sich auf Anforderung öffnet.
Die Lodge liegt hoch an einem Hang, der einen weiten Ausblick in das Flachland eröffnet. Ringsumher nur Landschaft, keine Straßen und keine anderen Lärmquellen. Man hört nur Grillen zirpen und Vögel zwitschern. Am Abend sitzt auf dem Weg zum Restaurant direkt unter einer in der Treppenstufe eingelassenen Lampe eine Riesenmotte mit vier großen Augen auf Flügeln, deren Spannweite etwa dreißig Zentimeter betragen dürfte.
Das reichhaltige Dreigang-Menü mit afrikanischen Weinen belohnt uns für eine lange und anstrengende Anreise. Vor vierundzwanzig Stunden stiegen wir gerade ins Auto nach Frankfurt, und jetzt sitzen wir schon in einer gemütlichen Lodge im Herzen von Südafrika.
Montag, 15. Oktober 2012
Tiefe Canyons, majestätische Ausblicke und schäumende Wasserfälle
Der Tag beginnt mit einem Bad im Pool auf der Terrasse. Beim Schwimmen kann man den Blick über die Hänge des Tals bis ins weit entfernte Flachland schweifen lassen. Anschließend planen wir bei einem reichhaltigen Frühstück den Ablauf des vor uns liegenden Tages. Nach Rücksprache mit der Dame an der Rezeption entschließen wir uns für die Tour entlang des Blyden-Canyons. Der Fluss Blyden schlängelt sich in langen Bögen aus dem Hochland hinunter ins Flachland und hat dabei tiefe Schluchten in die Felslandschaft gegraben, Unsere Fahrt führt uns erst zu dem kleinen Ort Graskop, hinter dem die spektakuläre Strecke beginnt. Vor der Einfahrt nach Graskop machen wir jedoch noch die eher unangenehme Bekanntschaft mit der südafikanischen Polizei. Auf der abschüssigen Strecke haben wir nach einem Begrenzungsschild (60 km/h) nicht schnell genug die Fahrt verringert und sind prompt in eine Polizeifalle getappt, die denn auch zuschnappt. Freundlich aber bestimmt präsentiert uns der Polizist die happige Rechnung, die wir aufgrund der Sachlage und unseres „strukturellen“ Nachteils zähneknirschend aber widerspruchslos zahlen.
Diese böse Erfahrung mindert jedoch nicht den Genuss des weiteren Tages. Hinter Grasskop zieht sich die Straße an dem Canyon entlang, und alle paar Kilometer lockt ein Aussichtspunkt mit atemberaubenden Ausblicken in den Canyon oder ins Flachland. Die Namen der Aussichtspunkte sprechen für sich: „God’s Window“, „Wonderview“, „Lowveld Viewsite“ und schließlich die spektakulärste Stelle „Drie Rondavels“ (Drei runde Felsen), an der sich ein einmaliger Blick auf eine Art natürlichen Stausee, den in diesen einfließenden Blyden und drei darüber thronende, topfartige Felsformationen öffnet.
Auf der Rückfahrt besuchen wir noch die beiden Wasserfälle „Berlin Falls“ und „Lisbon Falls“, die durchaus einen Abstecher lohnen und außerdem Spekulationen über die Entstehung der Namen geradezu anbieten. Dann beenden wir den Tagesauflug in einem kleinen Café in Graskop, das uns nun seine gerade erblühende touristische Seite zeigt. Man kann sich vorstellen, dass von hier aus in der Hauptsaison viele Bustouren aufbrechen und auch wieder eine Kaffeepause einlegen. „Black Forest Cake“ im Café und fliegende Händler auf der Straße sprechen eine deutlich touristische Sprache.
Die „Chestnut Country Lodge“ erreichen wir gerade rechtzeitig zum Abendessen. Für ein Bad im Pool ist es dagegen leider schon zu spät. Aber das war dieser Tag allemal wert!
Morgen geht es weiter in den Krüger Nationalpark, wo wir das erste Mal wilde Tiere sehen werden.
Frank Raudszus
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