Das Städel-Museum in Frankfurt zeigt in der Ausstellung „Die verzauberte Lanschaft“ Bilder des Malers Claude Lorrain

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Der Maler, der aus der Tiefe des Raums kam

Das Städel-Museum in Frankfurt zeigt in der Ausstellung „Die verzauberte Lanschaft“ Bilder des Malers Claude Lorrain

Der französische Maler Claude Lorrain prägte nicht zuletzt aufgrund seines langen Lebens (1600-1682) die Malerei des 17. Jahrhunderts. In Deutschland war ihm das letzte Mal vor knapp dreißig Jahren eine Ausstellung gewidmet, so dass es nahe lag, diesen Künstler einer neuen Publikumsgeneration nahezubringen. Das Frankfurter Städel-Museum hat sich jetzt dieser Aufgabe gestellt und zusammen mit dem britischen Ashmolean Museum in Oxford eine Ausstellung von Werken dieses bedeutenden Barockmalers organisiert.

Seehafen
                  (1644)
Claude Lorrain hieß eigentlich Calude Gellée, wurde aber „Le Lorrain“ („Der Lothringer“) genannt, da er aus dieser Region stammte. Über die Jahrhunderte hielt sich der Spitzname, während den Geburtsnamen nur noch wenige kennen. Schon früh fasste er den Entschluss Künstler zu werden und zog nach Rom, wo damals das Zentrum der europäischen Malerei war. Bis zu seinem Lebensende wohnte und arbeitete er im selben Viertel der Stadt und wechselte nur einmal die Wohnung. Er konzentrierte sich in einem solchen Maße auf seine Kunst, dass er nie heiratete. Auch betrieb er keine der damals üblichen Maler-Werkstätten mit Schülern und angestellten Malern, sondern arbeitete weitgehend alleine.

Palatin (1650)Claude Lorrain interessierte sich nicht besonders für die damals weit verbreitete repräsentative Portraitmalerei. Viele Honoratioren und Würdenträger ließen sich aus allzumenschlicher Eitelkeit malen – meist mehr oder minder geschönt – und schufen damit einen lebendigen Markt für diese Art der Malerei. Lorrain jedoch war geradezu fasziniert von den hinteren Regionen eines Gemäldes, dem Mittel- und Hintergrund. Wo andere Maler nur eine Staffage für das Vordergrund-Motiv suchten und den jeweiligen Hintergrund mit wenigen Pinselstrichen skizzierten, baute Lorrain einen tiefen Raum mit mehreren Ebenen auf. Bei ihm taucht die Landschaft nicht als Ausschnitt in einem Fenster auf sondern nimmt das gesamte Zentrum des Bildes in Anspruch. Als einer der ersten Maler beschäftigte sich Lorrain intensiv mit der perspektivischen Gestaltung des Raums und den Techniken, Tiefe zu erzeugen. Wer vor seinen Landschaftsgemälden steht, wird förmlich in den weiten Raum hineingezogen. Dagegen sind die Menschen im Vordergrund eher Schemen. Bisweilen sind sie zwar mit Lichteffekten in den Mittelpunkt gerückt, dann aber eher als Gruppe von menschlichen Gestalten denn als Individuen, und sie dienen folgerichtig eher zur Belebung der Landschaft als dass sie kompositorische Eigenständigkeit beanspruchen könnten.

Claude Lorrains künstlerischer Weg abseits der wohlbekannten (Portrait-)Wege waren schließlich von Erfolg gekrönt. Die malerische Gestaltung des landschaftlichen Raums faszinierte die potentielle Kundschaft gerade wegen der Neuartigkeit. So zählte er bald neben dem Vatikan Fürsten und andere Mächtige zu seinen Kunden und konnte sich von da ab der reinen Auftragsmalerei widmen. Auf einen freien, anonymen Markt brauchte er nicht mehr zu vertrauen. Das brachte ihm zwar Ruhm und eine hohe Nachfrage ein, führte aber auch zu Ärger. So mancher weniger erfolgreiche Maler kopierte seinen Stil und verkaufte die Bilder dann teuer als angebliche „Lorrains“. Um diesem Treiben ein Ende zu setzen, fertigte Lorrain ab der Mitte der dreißiger Jahre weitgehend naturgetreue Zeichnungen seiner Gemälde an – sozusagen ein bildnerischen „Köchel-Verzeichnis“ – und fasste diese Zeichnungen in einem „Liber Veritatis“ („Buch der Wahrheit“) zusammen. Leider wurde dieses Buch in späteren Zeiten aufgetrennt und die Zeichnungen wurden als separate Werke in alle Welt verkauft. Heute dienen sie den Experten – falls verfügbar – als Studienmaterial über die Entstehungsgeschichte und das Gesamtwerk Claude Lorrains.
In seiner frühen Periode hat Claude Lorrain auch Radierungen angefertigt, offensichtlich mit der Absicht, seine Bilder durch preisgünstige Mehrfachdrucke bekannt zu machen. Dabei zeigt er auch in dieser Technik erstaunliche Fähigkeiten. Im Gegensatz zu anderen Künstlern auf diesem Gebiet beschränkte er sich nicht auf lineare Strukturen, wie es die Technik der Radierung fordert, sondern versuchte, mit wechselnden Strichstärken und -abständen den Charakter von Gemälden zu imitieren. Das ist ihm in vielen Fällen so gut gelungen, dass viele Experten das frühe Ende dieser Richtung bedauern. Doch als Lorrain erst einmal bekannt war und die Nachfrage unaufhörlich stieg, benötigte er das „Werbemittel“ Radierung nicht mehr.
Kurator Dr. Martin Sonnabend hat zusammen mit Dr. John Whiteley vom Ashmolean Museum aus dem Gesamtwerk von Claude Lorrain – 250 Gemälde, 1200 Zeichnungen und 44 Druckgrafiken – über 130 Werke ausgewählt und in chronologischer Anordnung zusammengestellt. Wegen der vielen Zeichnungen sind die Ausstellungsräume teilweise abgedunkelt, wodurch eine geradezu feierliche Stimmung aufkommt. Wer sich gerne in weiten Landschaftsgemälden verliert und die Finesse des Details zu schätzen weiß, dem sei diese Ausstellung wärmstens empfohlen.
Die Ausstellung ist vom 3. Februar bis zum 6. Mai 2012 dienstags sowie freitags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs und donnerstags von 10 bi 21 Uhr geöffnet.

Frank Raudszus

 

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